Wie Hitler an die Macht kam ...
Die Vice hat gerade eine mehrteilige Serie am Start, in der sie die häufigsten an Google gestellten Fragen zu Deutschland aufgreifen und beantworten. Das ist sehr unterhaltsam geschrieben. Richtig klasse fällt die Antwort auf die Frage aus, wie Hitler an die Macht kommen konnte:
How did Hitler gain power in Germany? / What factors contributed to the rise of fascism in Germany?
Man kann das am besten mit einer Allegorie erklären: Stell dir vor, du hast dich in der Grundschule gerade heftig mit vier anderen Jungs aus deiner Klasse geprügelt und liegst jetzt mit blutender Nase auf dem Boden, während die anderen deine Pausenbrote für das ganze nächste Jahr unter sich aufteilen. Scheiße, oder?
Und jetzt kommt so eine nette kleine goldene Fee angeflogen, die dir erzählt, dass du für sie immer noch der Stärkste bist und dass du eigentlich hättest gewinnen müssen. Dass du einfach weiter deinen Träumen folgen sollst! Und dass du verarscht wurdest—vor allem von dem kleinen schwarzhaarigen Jungen, der da hinten in der Ecke sein Buch liest. Dass du an dich glauben sollst. Dass du überhaupt nur an dich glauben sollst und an sonst gar nichts auf der Welt, an keine Gesetze, keine Moral, und dass du deshalb das Recht hast, erstmal den kleinen schwarzhaarigen Jungen umzubringen und dann die ganze Schule anzuzünden.
Als sich deine entsetzen Klassenkameraden schließlich zusammentun, dich auf den Boden ringen und auf dich einschlagen, bis du fast an Blut und Zähnen erstickst, siehst du die kleine goldene Fee, wie sie die Achseln zuckt und wegfliegt. Genau: Die Fee ist Hitler, und du bist Deutschland.
How did Hitler gain power in Germany? / What factors contributed to the rise of fascism in Germany?
Man kann das am besten mit einer Allegorie erklären: Stell dir vor, du hast dich in der Grundschule gerade heftig mit vier anderen Jungs aus deiner Klasse geprügelt und liegst jetzt mit blutender Nase auf dem Boden, während die anderen deine Pausenbrote für das ganze nächste Jahr unter sich aufteilen. Scheiße, oder?
Und jetzt kommt so eine nette kleine goldene Fee angeflogen, die dir erzählt, dass du für sie immer noch der Stärkste bist und dass du eigentlich hättest gewinnen müssen. Dass du einfach weiter deinen Träumen folgen sollst! Und dass du verarscht wurdest—vor allem von dem kleinen schwarzhaarigen Jungen, der da hinten in der Ecke sein Buch liest. Dass du an dich glauben sollst. Dass du überhaupt nur an dich glauben sollst und an sonst gar nichts auf der Welt, an keine Gesetze, keine Moral, und dass du deshalb das Recht hast, erstmal den kleinen schwarzhaarigen Jungen umzubringen und dann die ganze Schule anzuzünden.
Als sich deine entsetzen Klassenkameraden schließlich zusammentun, dich auf den Boden ringen und auf dich einschlagen, bis du fast an Blut und Zähnen erstickst, siehst du die kleine goldene Fee, wie sie die Achseln zuckt und wegfliegt. Genau: Die Fee ist Hitler, und du bist Deutschland.
von JG4_Henry
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Ist ja humorvoll geschrieben und das mit dem neu aufbauenden Selbstwertgefühl stimmt durchaus. Allerdings musste die NSDAP Teile ihres Parteiprogrammes besonders bezüglich ihrer Judenverfolgung streichen, da dies in der breiten Masse schlicht und ergreifend unpopulär war. Deutschland war zu dem Zeitpunkt vor 1933, abgesehen von den sehr stark ausgeprägten rechts-konservativen Kreisen, nicht judenfeindlicher oder rassistischer als andere Staaten in in Europa. Man denke an die Rassentrennung in den USA und die Judenverfolgung in Polen.
Was allerdings durchaus stimmt, ist, dass sich ein ungesund überspitztes völkisches Selbstwertgefühl etabliert hat. Um das Wort "rassische Überlegenheit" zu vermeiden. Ich denke so haben das eher die eingeschworenen Nazis gesehen. Die Bauchpinselei der Nazis ist in dem vom verlorenen Krieg und Versailler Vertrag gedehmütigten Deutschland allerdings durchaus sehr gut aufgenommen worden.
Als dann die Nazis an der Macht waren, haben sich die Leute auf die anfänglich etwas bessere Wirtschaftslage und die großen Versprechen von einem besseren Leben (man denke hier an das "Kraft durch Freude" Projekt) konzentriert. Das waren die Dinge die die Leute persönlich in ihrem Egoismus bewegt haben.
Der jüdische Nachbar dessen Laden von SA Leuten zertrümmert wurde, ist da außen vor geblieben.
Man kann den Leuten schon eine gewisse Mittäterschaft vorwerfen, weil sie weggeschaut haben. Wobei im späteren Verlauf der NSDAP Regierung ein Widerstand oder gar eine Kritik überhaupt nicht mehr möglich gewesen wären. Aber ALLEN Deutschen vorzuwerfen sie hätten aktiv mitgewirkt und seien Antisemiten und Rassisten gewesen, ist gequirlter Schwachsinn.
Ich erinnere mich noch an meinen Opa. Für den war das Thema recht unangenehm. Im bezug auf Konzentrationslager hat er zwar immer gesagt er hätte von nichts gewusst, aber im Endeffekt hat er es doch zugegeben. Ich denke die meisten Leute damals wussten durchaus bescheidt, dass etwas passiert, die Tatsachen waren ja auch offensichtlich, haben aber einfach weggeschaut, da die Realität zu schwer zu ertragen war. Es ist nicht der Punkt, dass sie es nicht hätten wissen können. Sie wollten es einfach nicht wissen.
Was die Möglichkeiten des "Widerstands" angeht:
Der Vater meiner Oma hat bei der Bahn gearbeitet. Er mochte die Nazis nicht und hatte Schwierigkeiten das zu verbergen. Nicht, dass er aktiv irgendetwas getan hätte um sie zu verärgen, aber für die Nazis war es ja schon Grund genug einzuschreiten, wenn jemand den Hitler Gruß nicht erwiedert hat. Mein Urgroßvater hats jedenfalls nicht lange gemacht. Eines Tages hieß es er sei zwischen zwei Puffern zerquetscht worden. Passiert ja täglich...
Mein anderer Urgroßvater war Versorgungsoffizier bei der Luftwaffe. Er war nach Aussage meines Opas absolut unpolitisch und hatte keinerlei motivation die Nazis zu verärgern. Eines Tages hatte er allerdings den Fehler gemacht in einem Kneipengespräch darüber, dass die Flieger nicht mehr hoch wollten, fallen zu lassen, dass zu viele abgeschossen werden. Das hat ihn atok vors Kriegsgericht gebracht. Und da sind ein Haufen Schmiergelder geflossen, dass er da wieder ungeschoren davon gekommen ist.
Das war damals schon keine leichte Zeit und wir können uns glücklich schätzen nicht vor 80 jahren gelebt zu haben.
Tut mir Leid für den elend langen Post. Finde das Thema bloß sehr interessant.
Was allerdings durchaus stimmt, ist, dass sich ein ungesund überspitztes völkisches Selbstwertgefühl etabliert hat. Um das Wort "rassische Überlegenheit" zu vermeiden. Ich denke so haben das eher die eingeschworenen Nazis gesehen. Die Bauchpinselei der Nazis ist in dem vom verlorenen Krieg und Versailler Vertrag gedehmütigten Deutschland allerdings durchaus sehr gut aufgenommen worden.
Als dann die Nazis an der Macht waren, haben sich die Leute auf die anfänglich etwas bessere Wirtschaftslage und die großen Versprechen von einem besseren Leben (man denke hier an das "Kraft durch Freude" Projekt) konzentriert. Das waren die Dinge die die Leute persönlich in ihrem Egoismus bewegt haben.
Der jüdische Nachbar dessen Laden von SA Leuten zertrümmert wurde, ist da außen vor geblieben.
Man kann den Leuten schon eine gewisse Mittäterschaft vorwerfen, weil sie weggeschaut haben. Wobei im späteren Verlauf der NSDAP Regierung ein Widerstand oder gar eine Kritik überhaupt nicht mehr möglich gewesen wären. Aber ALLEN Deutschen vorzuwerfen sie hätten aktiv mitgewirkt und seien Antisemiten und Rassisten gewesen, ist gequirlter Schwachsinn.
Ich erinnere mich noch an meinen Opa. Für den war das Thema recht unangenehm. Im bezug auf Konzentrationslager hat er zwar immer gesagt er hätte von nichts gewusst, aber im Endeffekt hat er es doch zugegeben. Ich denke die meisten Leute damals wussten durchaus bescheidt, dass etwas passiert, die Tatsachen waren ja auch offensichtlich, haben aber einfach weggeschaut, da die Realität zu schwer zu ertragen war. Es ist nicht der Punkt, dass sie es nicht hätten wissen können. Sie wollten es einfach nicht wissen.
Was die Möglichkeiten des "Widerstands" angeht:
Der Vater meiner Oma hat bei der Bahn gearbeitet. Er mochte die Nazis nicht und hatte Schwierigkeiten das zu verbergen. Nicht, dass er aktiv irgendetwas getan hätte um sie zu verärgen, aber für die Nazis war es ja schon Grund genug einzuschreiten, wenn jemand den Hitler Gruß nicht erwiedert hat. Mein Urgroßvater hats jedenfalls nicht lange gemacht. Eines Tages hieß es er sei zwischen zwei Puffern zerquetscht worden. Passiert ja täglich...
Mein anderer Urgroßvater war Versorgungsoffizier bei der Luftwaffe. Er war nach Aussage meines Opas absolut unpolitisch und hatte keinerlei motivation die Nazis zu verärgern. Eines Tages hatte er allerdings den Fehler gemacht in einem Kneipengespräch darüber, dass die Flieger nicht mehr hoch wollten, fallen zu lassen, dass zu viele abgeschossen werden. Das hat ihn atok vors Kriegsgericht gebracht. Und da sind ein Haufen Schmiergelder geflossen, dass er da wieder ungeschoren davon gekommen ist.
Das war damals schon keine leichte Zeit und wir können uns glücklich schätzen nicht vor 80 jahren gelebt zu haben.
Tut mir Leid für den elend langen Post. Finde das Thema bloß sehr interessant.
von Bio-Rhöni
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Röhni, das Thema hat Dich ja in der Tat gepackt. Ich fand den Vergleich der Vice insofern gut, dass sie einem völlig unbeschlagenen, aus dem Ausland kommenden Leser die Machtergreifung auf einer Ebene erklärt, die fast jeder aus eigener Anschauung emotional nachvollziehen kann: der Schule. Mir hätte indes noch der Einschub gefehlt, dass man sich gemeinsam geprügelt hat, hinterher jedoch alle sagten, dass man ganz allein daran Schuld war - und sich danach die Pausenbrote aufteilte.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten Menschen in allen Staaten völlig unpolitisch sind und nur bis zu ihrem eigenen Wirkungshorizont denken. Und wenn etwas Schlimmes passiert, hoffen die Meisten einfach auf das Beste. Hauptsache, es geht für sie selbst weitgehend ungestört weiter. Man richtet sich ein. (Die sog. "Wende" in der DDR kann man aus diesem Grund gar nicht hoch genug bewerten. Eine ganz außerordentliche gesellschaftliche Leistung).
Und gerade heute kann man doch die grundlegendem Mechanismen einer Machtergreifung wunderbar beobachten. Heute Nachmittag wird einer Präsident, der in der Hauptsache mit dem Versprechen die Wahl gewann "Sein Land endlich wieder groß zu machen". Im Osten glauben einer aktuellen russischen Umfrage zufolge 86% der Russen, dass die Welt wieder Angst vor ihnen hat und die Hälfte der Befragten meint, dass das auch gut so ist. Und im vorderasiatischen Raum kann Erdogan ebenfalls mit dem Versprechen auf Macht, Respekt und einer starken, stolzen Nation relativ ungestört den Staat zu "seinem" Staat umbauen.
Um zu begreifen, wie es zur Machtergreifung kommen konnte, muss man heute nicht mehr in die Vergangenheit schauen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten Menschen in allen Staaten völlig unpolitisch sind und nur bis zu ihrem eigenen Wirkungshorizont denken. Und wenn etwas Schlimmes passiert, hoffen die Meisten einfach auf das Beste. Hauptsache, es geht für sie selbst weitgehend ungestört weiter. Man richtet sich ein. (Die sog. "Wende" in der DDR kann man aus diesem Grund gar nicht hoch genug bewerten. Eine ganz außerordentliche gesellschaftliche Leistung).
Und gerade heute kann man doch die grundlegendem Mechanismen einer Machtergreifung wunderbar beobachten. Heute Nachmittag wird einer Präsident, der in der Hauptsache mit dem Versprechen die Wahl gewann "Sein Land endlich wieder groß zu machen". Im Osten glauben einer aktuellen russischen Umfrage zufolge 86% der Russen, dass die Welt wieder Angst vor ihnen hat und die Hälfte der Befragten meint, dass das auch gut so ist. Und im vorderasiatischen Raum kann Erdogan ebenfalls mit dem Versprechen auf Macht, Respekt und einer starken, stolzen Nation relativ ungestört den Staat zu "seinem" Staat umbauen.
Um zu begreifen, wie es zur Machtergreifung kommen konnte, muss man heute nicht mehr in die Vergangenheit schauen.
von JG4_Henry
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Es liegt an unseren selbstgewählten Vertrauens Personen was zu verändern...dienen sie dem Volk oder dem Geld?
von Widukind
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Sie dienem dem Volk MIT Geld.
War schlussendlich auch noch nie anders, egal ob Demokratie, Kommunismus, Faschismus, Feudalismus, etc. etc. etc. Neben Sex so mit die einzige Grundkonstante in der Geschichte.
War schlussendlich auch noch nie anders, egal ob Demokratie, Kommunismus, Faschismus, Feudalismus, etc. etc. etc. Neben Sex so mit die einzige Grundkonstante in der Geschichte.
Last Edit:7 Jahre 11 Monate her
von Bewolf
Letzte Änderung: 7 Jahre 11 Monate her von Bewolf.
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Da gebe ich dir völlig Recht Henry.
Ich denke man braucht garnicht ins Ausland zu schauen um totalitäre Entwicklungen zu sehen. Wie in den letzten Jahren der Überwachungsstaat ausgebaut wurde ist beachtlich. Am erschreckendsten finde ich Thomas de Maizières Vorschlag ein "Abwehrzentrum gegen Fake News" einzurichten. Ein Wahrheitsministerium sozuagen wie in George Orwells 1984. Haben die Nazis mit dem Heimtückegesetz genau so gemacht. Restliche Kritik an der Politik wird gänzlich mit der Nazikeule zur nichte gemacht. So wird das Fundament der Meinunsfreiheit untergraben. Nach außen hin im Sinne der "political correctness" aber tatsächlich im Sinne der Macht und Bequemlichkeit der Regierung.
Und genau wie du sagtest steht die Bevölkerung dem machtlos gegenüber. Trotz Demokratie. In der Türkei und in Russland sind die Mächte von Erdogan und Putin zu groß, sowie die Völker zu verblendet um etwas zu ändern und wir machen uns ironischer weise über die Wahlkandidaten in den USA lustig, eine schlimmer als der andere, während in Deutschland die SPD, CDU und Frau Merkel alternativlos im Amt thronen. Die Unterstützung für ihre Politik immer weiter schwindend und trotzdem der Wählerstimmen sicher. Denn was soll man sonst wählen?
Und wenn sich die Parteien nicht mehr darum scheren müssen was die Mehrheit der Wähler wollen oder nicht wollen, haben wir dann noch eine Demokratie?
Ich denke man braucht garnicht ins Ausland zu schauen um totalitäre Entwicklungen zu sehen. Wie in den letzten Jahren der Überwachungsstaat ausgebaut wurde ist beachtlich. Am erschreckendsten finde ich Thomas de Maizières Vorschlag ein "Abwehrzentrum gegen Fake News" einzurichten. Ein Wahrheitsministerium sozuagen wie in George Orwells 1984. Haben die Nazis mit dem Heimtückegesetz genau so gemacht. Restliche Kritik an der Politik wird gänzlich mit der Nazikeule zur nichte gemacht. So wird das Fundament der Meinunsfreiheit untergraben. Nach außen hin im Sinne der "political correctness" aber tatsächlich im Sinne der Macht und Bequemlichkeit der Regierung.
Und genau wie du sagtest steht die Bevölkerung dem machtlos gegenüber. Trotz Demokratie. In der Türkei und in Russland sind die Mächte von Erdogan und Putin zu groß, sowie die Völker zu verblendet um etwas zu ändern und wir machen uns ironischer weise über die Wahlkandidaten in den USA lustig, eine schlimmer als der andere, während in Deutschland die SPD, CDU und Frau Merkel alternativlos im Amt thronen. Die Unterstützung für ihre Politik immer weiter schwindend und trotzdem der Wählerstimmen sicher. Denn was soll man sonst wählen?
Und wenn sich die Parteien nicht mehr darum scheren müssen was die Mehrheit der Wähler wollen oder nicht wollen, haben wir dann noch eine Demokratie?
Last Edit:7 Jahre 11 Monate her
von Bio-Rhöni
Letzte Änderung: 7 Jahre 11 Monate her von Bio-Rhöni.
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