Aufbau, Organisation und Gliederung eines Jagdgeschwaders
Jagdgeschwader waren und sind Fliegereinheiten, die primär zum Bekämpfen von feindlichem Fluggerät formiert wurden. Während des Zweiten Weltkriegs sollten sie zunächst die Luftüberlegenheit über den Kampfgebieten erringen und im Zusammenwirken mit anderen Waffengattungen (z.B. der Flakartillerie) rückwärtige militärische Anlagen sowie urbane und industriewirtschaftliche Zentren gegen Angriffe aus der Luft verteidigen. Zudem deckten sie eigene Bodentruppen, deren Nachschubwege in taktischer bis operativer Tiefe und begleiteten andere Arten der Fliegerstreitkräfte wie Bomber, Transporter und Aufklärer, um diese vor Angriffen des Gegners zu schützen. Darüber hinaus konnten Jagd- bzw. Jagdbomberflugzeuge auch gegen Ziele am Boden oder zur nahen Luftaufklärung eingesetzt werden. Ein Jagdgeschwader konnte demzufolge gegen unterschiedlichste Ziele eingesetzt werden. Die Hauptart des Gefechtseinsatzes blieb jedoch der Luftkampf.Rotte
Bereits 1915 erkannte der deutsche Jagdflieger Oswald Boelcke den Vorteil, der im konzentrierten Angriff mehrerer Flugzeuge auf ein Ziel, eine einzeln fliegende oder von ihrem Verband abgesprengte Maschine lag. Zudem bemerkte er, dass ein einzeln agierender Jagdpilot, auch bei Überraschungsangriffen aus vorteilhafter Position, äußerst verwundbar ist, denn er verfügt nicht über die Augen eines mitfliegenden Beobachters, der den umgebenden Luftraum weiter überwachen und bei Gefahr warnen könnte. Daher ging er eine Partnerschaft mit einem anderen Piloten, Max Immelmann, ein. Sie bildeten ein fliegendes Paar, die erste Gefechts-Rotte, und waren so erfolgreich, dass dieses System von anderen Flugzeugführern übernommen wurde. In der Folge entstanden immer größere Kampfeinheiten aus Ketten (drei Flugzeuge), Schwärmen (zwei Rotten), Staffeln (drei bis vier Schwärme), Gruppen (drei bis vier Staffeln) und schließlich ganze Geschwader (drei bis vier Gruppen). Diese Gliederung wurde bis in die 1930er Jahre optimiert und schließlich Standard innerhalb der deutschen Luftwaffe.Seitdem im Verlauf des 1. Weltkrieges der Jagdflieger als Alleinkämpfer verdrängt worden war, bildete die Rotte auf taktischer Ebene die kleinste Luftkampfeinheit. Sie wurde zum Instrument jagdfliegerischer Kampfesweise und bestand aus zwei Flugzeugen, gesteuert von einem Rottenführer und seinem Rottenflieger. Rottenführer war stets der erfahrenere Pilot, ein guter Beobachter des Luftraumes und sicherer Schütze. Er widmete seine ganze Aufmerksamkeit dem Gegner, war verantwortlich für die Taktik und führte die eigentlichen Angriffsaufgaben durch. Der Führer einer Rotte war jedoch auch verwundbar, musste er sich doch während eines Kampfes voll auf sein gewähltes Ziel konzentrierten. Daher übernahm der zweite Mann, Rottenflieger, Flügelmann, Kaczmarek oder Holzauge (abgeleitet von der historischen Redewendung: „Holzauge, sei wachsam!“) genannt, beim Angriff die weitere Beobachtung des Luftraumes und somit den Schutz des Verbandsführers. Der Rottenflieger stellte somit sicher, dass der Rottenführer ungehindert anfliegen, zielen und schießen konnte. Während des Kampfes hing das Leben des Rottenführers also von der Achtsamkeit seines Flügelmannes ab. Aus diesem Grund suchten die Rottenführer nach möglichst begabten und zuverlässigen Flügelmännern, in der Regel legte jedoch der Staffelführer die Aufteilung innerhalb von Schwärmen und Rotten fest. Wie der Rottenflieger für seinen Führer verantwortlich war, so hatte der Rottenführer auf seinen Begleiter zu achten. Insbesondere bei einem unerfahrenen Piloten trug er Verantwortung für die Nachwuchskraft, hatte sie in Formation zu halten und, wenn möglich, auch im Gefecht zu unterstützen. Der Gewissenhafte Rottenführer schulte seinen Flügelmann, gab Erfahrungen an den jungen Jagdflieger weiter und versuchte, diesen langsam an seine Grenzen heranzuführen, um ihn möglichst nicht durch Überforderung zu gefährden.
Schwarm
In den 1930er Jahren wurde die im Aufbau befindliche Luftwaffe stark von Männern wie Theo Osterkamp, Eduard Ritter von Schleich und Werner Junck geprägt, die bereits während des 1. Weltkrieges in der deutschen Fliegertruppe dienten. Sie übernahmen hohe Kommandostellen und auf Grundlage ihrer Erfahrungen wurden Taktiken und Gefechtsordnungen für die neue Luftwaffe erarbeitet, die sich überwiegend an den Luftkämpfen des 1. Weltkrieges orientieren. Es zeigte sich allerdings schon während des Einsatzes der Legion Condor im spanischen Bürgerkrieg (Juli 1936 bis April 1939), dass diese für schnellere Flugzeugtypen wie die Messerschmitt Bf 109 untauglich waren. Bis dahin galt der dicht geschlossene Kettenkeil aus drei Flugzeugen als übliche Gefechtsordnung. Die dem Kettenkeil zu Grunde liegende Forderung der Massierung des Feuers schränkte unter anderem die Manövrierfähigkeit (besonders bei Flugrichtungswechsel unter Beibehaltung der maximalen Geschwindigkeit) des Verbandes ein. Darüber hinaus konnten sich die einzelnen Maschinen nicht gegenseitig vor Angriffen schützen.Das bis heute gültige Grundkonzept des Luftkampfes, die Idee von Schwarm und Rotte, geht auf Günther Lützow zurück. Zwischen März und September 1937 befehligte er als Oberleutnant die 2. Staffel der Jagdgruppe 88 im Spanieneinsatz und erkannte, dass die höhere Dynamik des modernen Luftkrieges nach Änderungen verlangte. Beispielsweise wurde unter seiner Führung, je nach Einsatzauftrag, eng aufgeschlossen oder mit großen Formationsabständen geflogen. Dabei wurde grundsätzlich soweit abgesetzt geflogen, dass sowohl ungestörte Beobachtung des Luftraums wie auch schnelles Aufschließen zum Rotten-, Ketten- oder Schwarmführer möglich blieb. Nach seiner Rückkehr auf den brandenburgischen Fliegerhorst Jüterbog-Damm entwickelte er bei Übungsflügen seiner Staffel weiter, was er in Spanien begonnen hatte. Im Frühjahr 1938 fasste er seine Erfahrungen schließlich in einem Ausbildungsbericht zusammen.
Diese Grundlagen wurden aufgegriffen, als Werner Mölders im April 1938 die Führung der 3. Staffel der Jagdgruppe 88 von Adolf Galland übernahm. Während seiner Zeit bei der Legion Condor entwickelte Mölders das, was seitdem als "Vierfingerschwarm" bekannt ist und fand Lösungen für die Probleme des Manövrierens im schnellen Verbandsflug. Die Formation des Schwarms ähnelt den vier Fingerspitzen der rechten Hand und besteht aus einer führenden und einer geführten Rotte zu jeweils zwei Flugzeugen. Innerhalb dieses Verbandes unterstützen sich die beiden Rotten in ähnlicher Weise wie in einer Rotte die beiden Rottenflieger. Verantwortlich für die Führung des Verbandes ist der in Position des Mittelfingers fliegende Schwarmführer. Solange die Formation besteht, übernimmt dieser die Spitze und bestimmt den Kurs sowie den Ort und Zeitpunkt des Angriffs. Gedeckt wird er von seinem Flügelmann bzw. Rottenflieger, der taktischen Nummer zwei, der sich links hinter ihm an der Stelle des Zeigefingers befindet. Die zweite Rotte hält sich rechts hinter dem Schwarmführer und setzt sich aus der taktischen Nummer drei, dem Rottenführer an der Stelle des Ringfingers, und dessen Rottenflieger, die Nummer vier der Formation, in Position des kleinen Fingers zusammen.
Im Vergleich zum überholten Kettenkeil bietet der Schwarm deutliche Vorteile. Der Verzicht auf das Fliegen in enger Formation bringt den geführten Piloten größte Entlastung. Sie müssen ihren Blick nicht permanent auf den Verbandsführer fixieren, um Kollisionen bei abrupten Manövern zu verhindern. Durch horizontale und vertikale Staffelung sowie die großen Abstände innerhalb des Schwarms besitzen auch die geführten Piloten den notwendigen Freiraum, um die Umgebung beobachten zu können. Im Hinblick auf die Hauptaufgabe des Jagdfliegers, gegnerische Flugzeuge zu suchen und zu bekämpfen, ist dies von besonderem Vorteil. Weiterhin wird durch die relativ weit gefächerte Formation eine Aufklärung durch den Gegner erschwert. Im Luftkampf teilt sich der Schwarm üblicherweise in seine einzelnen Rotten auf. Hierbei übernehmen der Schwarm- und Rottenführer offensive Aufgaben. Sie führen ihre Rotte und konzentrieren sich auf den Angriff des Gegners, während der jeweilige Flügelmann nach weiteren Bedrohungen Ausschau hält und somit die Deckung seines Führers übernimmt.
Eigeninitiative macht den erfolgreichen Jagdflieger aus - durch Lützow und Mölders wurde ihr der größtmögliche Spielraum geschaffen. Durch die von Werner Mölders entwickelten Taktiken war ein Verband auch beim Manövrieren von Schwärmen und Staffeln anderen zeitgenössischen Formationen überlegen. Sollte die aktuelle Flugrichtung eines Schwarms beispielsweise um einen 90°-Bogen nach rechts angepasst werden, flog der Führer eine übliche Kurve, während sein Flügelmann hinter ihm einzukurven hatte. Die zweite Rotte über- bzw. unterschnitt die Schwarmführung zunächst in der bisherigen Flugrichtung und ging etwas später auf den neuen Kurs. War die Wende abgeschlossen, flog der Schwarm spiegelverkehrt (nun vergleichbar mit der linken Hand) in der neuen Flugrichtung weiter. Da die Maschinen am äußeren Rand der Formation keinen längeren Weg zurücklegen mussten, konnte das Manöver schnell geflogen werden, ohne dass der Schwarmführer seine Geschwindigkeit verringern musste. All diese Faktoren einer Schwarm- und Rotteneinteilung boten Vorteile im Angriff und der Verteidigung. Da sie die Kampfleistung der Jagdverbände steigerten, hatten sie eine ähnliche Bedeutung wie die Anhebung der zahlenmäßigen Stärke und verschafften der deutschen Luftwaffe zu Beginn des 2. Weltkrieges einen taktischen Vorteil. Im Laufe der Luftschlacht um England (Juli bis Oktober 1940) wurde diese Taktik zunächst von Großbritanniens Royal Air Force kopiert und im weiteren Verlauf des Krieges von allen am Konflikt beteiligten Luftstreitkräften übernommen.
Ein Jagdfliegerschwarm in Vierfingerformation bei einer 90-Grad-Kruve rechts
Staffel
Die kleinsten Verwaltungseinheiten eines Jagdgeschwaders stellten die Staffeln dar. Befehligt wurden diese gewöhnlich von einem Leutnant, Oberleutnant oder Hauptmann. Übergangsweise konnte eine Staffel auch von einem Oberfähnrich geführt werden. Die Sollstärke einer Jagdstaffel lag zunächst bei 12 Flugzeugen und wurde im Verlauf des Krieges auf 16 Maschinen angehoben. Durch notwendige Wartungs- und Reparaturmaßnahmen sowie nach einsatz- oder unfallbedingten Verlusten lag der tatsächliche Bestand startbereiter Flugzeuge aber oft unter dem genannten Soll. Für die Bodenorganisation und Versorgung der Staffel waren die "schwarzen Männer" des Betriebszuges zuständig. Jedes Flugzeug wurde von einem 1. und 2. Wart gepflegt. Die vorhandenen Motorenschlosser, Waffen- und Elektrikwarte mussten hingegen zwei bis drei Maschinen betreuen. Für besondere Reparaturen oder Überprüfungen gab es in fast allen Staffeln Spezialisten wie Funkgerätewarte, Feinmechaniker, Rettungs- und Sicherheitsgerätewarte oder Geräteverwalter. Zusammen mit den Tankwarten bestand das Bodenpersonal einer Staffel - in Abhängigkeit ihrer Größe und des Einsatzortes - aus ca. 60 bis 90 Personen. Die Pilotenanzahl innerhalb einer Staffel war abhängig von der Sollstärke und dem Flugzeugbestand der Einheit, unterlag kriegsbedingt aber auch starken Schwankungen. Operierte ein Verband beispielsweise über längere Zeit in besonders umkämpften Gebieten, so kam es unter dem fliegenden Personal fast unweigerlich zu Ausfällen durch Verwundung, Kriegsgefangenschaft oder Tod.Durch Absolventen der Jagdfliegerschulen und mit Ersatz aus den Ergänzungsjagdgruppen wurde versucht, die Verluste unter den Flugzeugführen zeitnah auszugleichen. Wie die erst 1943/44 aufgestellten Jagdgeschwader 6, 7 und 76 hatte das Jagdgeschwader 4 keine eigenen Ergänzungsstaffeln mehr, sondern erhielt den Personalnachschub von den Fliegerwaffenschulen, Ergänzungsgruppen oder von anderen Geschwadern. Konnten die Staffeln durch die gesteigerten Produktionszahlen der Industrie noch bis zum Frühjahr 1945 mit einer ausreichenden Flugzeugmenge versorgt werden, so fehlten mit Fortdauer des Krieges vor allem umfassend ausgebildete Piloten. Die Dauer der reinen Jagdfliegerausbildung inklusive Vorschulprogramm lag 1942 noch bei zwei bis fünf Monaten und mindestens 70 Flugstunden je Schüler. Infolge der erhöhten Ausbringungsforderungen wurde die Gesamtzahl der Flugstunden bereits im Sommer 1943 auf 46 herabgesetzt. Der stetig gestiegene Bedarf an Piloten, bedingt durch die hohen Verluste und der permanente Mangel an Flugbenzin veranlassten die Luftwaffenführung 1944, die Ausbildung der Jagdflieger noch weiter zu kürzen. In der Folge wurde der personelle Ersatz für die Jagdstaffeln 1944/45 vor allem durch ungenügend ausgebildete Anfänger gestellt und konnte den Anforderungen somit nicht mehr gerecht werden. Im Vergleich dazu hatte die britische Royal Air Force die Anzahl der Flugstunden je Schüler bereits ab 1941 mehr als verdoppelt. Ihre Jagdpiloten verfügten nach Abschluss der Ausbildung über 220 bis 270 Flugstunden. Als noch umfassender kann die amerikanische Flugzeugführerausbildung angesehen werden, denn die Piloten der United States Army Air Force erhielten ab 1942 mehr Flugstunden als ihre Kameraden der RAF und verfügten allein auf ihren späteren Frontmustern über 120 bis 160 Flugstunden - 1944 das Zehnfache eines in Deutschland ausgebildeten Jagdfliegers. Die Wahrscheinlichkeit eines neuen Piloten, der Anfang 1944 einem Jagdverband der Reichsluftverteidigung zugeteilt worden war, die ersten zehn Einsätze zu überleben, bezifferte der General der Jagdflieger, Adolf Galland, daher mit gerade einmal 50%.
Gruppe
Eine Jagdgruppe bestand im Regelfall aus drei bis vier Staffeln (mit jeweils 12 bis 16 Maschinen) eines Flugzeugtyps, einer entsprechenden Zahl an Flugzeugführern und der fünf bis zehnfachen Menge an Bodenpersonal. Die Staffeln waren einsatz- und verwaltungstechnisch dem Gruppenstab untergeordnet. Dieser besaß nominell vier Flugzeuge, den Stabsschwarm der Gruppe, und zudem häufig noch ein oder zwei Maschinen als Einsatzreserve. Die Maschinen des Gruppen-Stabsschwarms wurden vom Gruppenkommandeur geführt, der den Dienstgrad eines Majors innehaben sollte. Aus Mangel an Jagdfliegern im Majorsrang wurden jedoch zahlreiche Gruppen von Hauptleuten befehligt. Zu den weiteren Offizieren des Gruppenstabs gehörten der Gruppen-Adjutant, der Nachrichtenoffizier (Gruppen-NO) und Technische Offizier (Gruppen-TO), der Hauptmann beim Stabe (Ia), Versorgungsoffiziere (IVa), ein Sanitätsoffizier (IVb - Gruppen-Arzt) sowie ein waffentechnischer Beamter. Neben den genannten Offizieren konnte der Gruppenstab auch durch zusätzliche Spezialisten erweitert werden. Da viele Offiziere des Stabes keine Flugzeugführer waren, wurde zudem häufig auf Piloten aus den unterstellten Staffeln zurückgegriffen, um den Stabsschwarm mit fliegendem Personal aufzufüllen. Für den reibungslosen Ablauf und zur Unterstützung des Stabes und der Gruppe war die Stabskompanie verantwortlich. Sie bestand aus rund 260 Mann und enthielt neben dem allgemeinen Personal (ca. 42 Mann), technische Mannschaften (ca. 30 Mann), einen Nachrichtenzug (ca. 73 Mann) sowie einen Kfz.-Zug (ca. 33 Mann). Da die Staffeln einer Gruppe häufig zusammen auf einem Flugplatz stationiert waren, konnte der Flakzug (ca. 22 Mann) der Stabskompanie einen zumindest geringen Schutz gegen feindliche Tieffliegerangriffe geben. Besondere Bedeutung trug der ca. 60 Mann starke Werftzug. Wurden Flugzeuge bei Luftkämpfen oder durch Unfälle so stark beschädigt, dass eine Reparatur durch den 1. und 2. Flugzeugwart nicht vorgenommen werden konnte, kam der Werftzug mit seiner umfangreichen technischen Ausstattung zum Einsatz.Geschwader / Geschwaderstab
Bis 1943 bestand eine Staffel - bei einer Sollstärke von zwölf Flugzeug - aus drei Schwärmen. Eine Gruppe fasste im Regelfall drei Staffeln. Drei Gruppen wiederum wurden in einem Geschwader formiert. Um Verwechslungen zu vermeiden, wurden Staffeln mit arabischen Ziffern benannt (1. Staffel, 2. Staffel usw.), Gruppen mit römischen Zahlen (I. Gruppe, II. Gruppe usw.). Aufgrund der hohen Verluste unter den erfahrenen Verbandsführen, insbesondere während der zahllosen Luftschlachten in der Reichsverteidigung gegen die Bomberverbände der Alliierten, wurden den Staffeln ab Mitte 1944 16 Flugzeuge zugewiesen, die Gruppen auf vier Staffeln erweitert und Geschwader mit einer vierten Gruppe verstärkt. Inklusive der zusätzlichen Stabsschwärme für die Gruppen- und Geschwaderführung lag die Sollstärke eines deutschen Jagdgeschwaders somit zwischen 124 und 276 Maschinen. In der Praxis sind diese Zahlen jedoch nur selten auch nur annähernd erreicht worden. Neben den Piloten und ihren Flugzeugen gehörte zudem eine umfangreiche Bodenorganisation mit den notwendigen Instandhaltungs- und Wartungszügen, Flugabwehrbatterien, Sicherungskompanien, Nachschubkolonnen, Fernmeldeeinrichtungen und Verwaltungsorganisationen zu jedem Geschwader. Der Geschwaderstab wurde aus dem Stabsschwarm, dem Unterstab und der Luftnachrichten-Kompanie gebildet.Vier Maschinen zu zwei Rotten bildeten die fliegende Einheit des Geschwaderstabes, den Stabsschwarm. Dessen Führungsrotte befehligte der Kommodore. Er war kommandierender Offizier und Träger des höchsten taktischen Kommandos. Zu Beginn des Krieges hatten die meisten Kommodore den Dienstgrad eines Obersten. Ab Spätsommer 1940, im Zuge der Verjüngung der Verbandsführer, wurden die Stellen mehrheitlich durch Oberstleutnante und Majore besetzt. Der Flügelmann des Kommodores konnte der Geschwader-Adjutant sein, sogenannter IIa und IIb. Stabsabteilungen der Luftwaffe wurden mit einer Kombination aus einer römischen Zahl und einem kleinen Buchstaben bezeichnet. Der Adjutant war demnach Personalverantwortlicher für die Offiziere (IIa) und zuständig für die Personalangelegenheiten der Unteroffiziere und Mannschaften (IIb). Die zweite Rotte des Stabsschwarms wurde vom Major beim Stabe geführt, dem Leiter der Führungsabteilung (Ia). Ihm oblagen die operativen Einsatzfragen. Mögliche Rottenflieger waren der für feindliche Aktivitäten und deren Abwehr zuständige Offizier (Ic), der Nachrichtenoffizier (Abk. NO) oder der Technische Offizier (Abk. TO). Der TO war verantwortlich für die technische Ausrüstung - insbesondere für die Flugzeuge mit ihrer komplexen Ausstattung. Bei Bedarf konnten weitere Dienstposten im Stab besetzt werden. Beispiele hierfür waren der Kfz-Offizier oder der IVa (Offizier oder Beamter für administrative Aufgaben und Versorgungsfragen). Der Unterstab wurde allgemein von verwaltenden Truppendienstlern, Kraftfahrern, Stabsschreibern und dem technischen Wartungspersonal für die Flugzeuge des Stabsschwarms gebildet. Ergänzend zu den Schlüsselpositionen des Stabsschwarms dienten hier bis zu 60 weitere Männer. Zusätzlich war dem Geschwaderstab in den meisten Fällen eine Luftnachrichten-Kompanie angeschlossen. Diese gliederte sich in drei Züge (Luftnachrichten-Betriebszug, Funkzug, Fernsprechbauzug) und umfasste zusammen rund 150 Mann. Die Aufgaben dieser Männer konzentrierten sich auf die Herstellung und Aufrechterhaltung von Nachrichtenverbindungen zu den übergeordneten (Fliegerdivision, Fliegerkorps, Luftflotte) und geschwaderinternen Stellen (Gruppen, Staffeln), um somit die Einsatzbereitschaft und Effektivität des gesamten Verbandes sicherzustellen. Zusammengenommen belief sich die personelle Stärke eines Geschwaderstabes auf rund 220 Mann.