Triebwerkslehre 2 - Physik


Saug- und aufgeladene Motoren

Als Flugmotoren kamen in der Zeit von 1920 - 1945 in der Hauptsache Kolbenmotoren als 4- Takt Ottomotoren in Reihen, V und Sternanordnung der Zylinder zur Verwendung.
Bei den Kolbenmotoren werden Saugmotoren und aufgeladene Motoren unterschieden. Erstere saugen das Kraftstoff- Luftgemisch durch die Abwärtsbewegung des Kolbens selbsttätig ein. Bei aufgeladenen Motoren wird entweder die Luft alleine oder das Kraftstoff- Luft-Gemisch mit von Gebläsen erzeugtem Überdruck (zB. Rootsgebläse, Kompressoren, Turbolader, Schneckenlader, G-Lader) während der Abwärtsbewegung des Kolbens in die Verbrennungsräume gedrückt.
Sinn der aufgeladenen Motoren ist die Optimierung des Füllgrades der Zylinder (bessere Leistungsausbeute) sowie die Kompensation des Druckabfalles der Ansaugluft in größeren Höhen.

Einspritzung und Vergaser

Des weiteren werden Motoren nach der Art der Gemischbildung unterschieden. Das Gemisch wird von Apparaten wie Vergasern oder Einspritzanlagen erzeugt. Ziel ist es, immer ein energiereiches, zündfähiges Gemisch aus Kraftstoff und Luft zu erzeugen. Zwischen 1920 und 1939/40 war die Vergasertechnik noch nicht so weit ausgereift dass es gelang, das Gemisch unabhängig von Beschleunigungen des Flugzeuges in beliebige Richtungen in der momentan benötigten Menge und Qualität (Mischungsverhältnis Kraftstoff zu Luft) herzustellen. Besonders Beschleunigungen um die Querachse des Flugzeuges verursachten Probleme bei der Zuführung von Kraftstoff in die Mischkammern des Vergasers, wodurch das Gemisch so stark abgemagert oder überfettet wurde, dass der Motor aussetzte oder ganz stehen blieb. Bei Überfettung des Gemisches konnte der Motor "absaufen" wobei auch die Zündkerzen vom Kraftstoff benetzt werden und dadurch die Zündung verhindert wird. Besonders negative Beschleunigungen (andrücken des Höhenruders) waren problematisch, weil einerseits der Schwimmerkammerinhalt plötzlich in die Mischkammer entleert wurde (Überfettung) und/oder kein Kraftstoff mehr vom Tank zum Vergaser floss (Abmagerung). Für ein selbsttätiges Anlassen waren die wenigsten Motoren ausgelegt. Auch reichte der "Windmühleneffekt" nicht immer um einen stehenden Propeller gegen die Kompressionskräfte durchzudrehen und so mit der Restgeschwindigkeit des segelnden Flugzeuges den Motor zu starten.
Einspritzanlagen arbeiteten mit einem Überdruck, der es ermöglichte über mechanische Ventilsteuerungen unter allen Beschleunigungsbelastungen eine konstante und bedarfsgerechte Förderung des Kraftstoffs in die Ansaugkammer bzw. in die Zylinder (Direkteinspritzermotoren) zu erreichen. Hierdurch konnten zu fette oder zu magere Gemische in Abhängigkeit der Fluglage vermieden werden. So war es unabhängig von der Fluglage möglich, die Gemischzusammensetzung präzise zu regeln. Auch die Abstimmung der Gemischbildung auf die Ladedrücke eines vorgeschalteten Gebläses war damit wesentlich genauer zu regeln. Somit war die Einspritzanlage die deutlich fortschrittlichere und dem Zweck besser angepasste Technik zur Gemischbildung.

Drehzahl

Jeder Verbrennungsmotor kann nur in einem bestimmten Drehzahlbereich Leistung abgeben. Dreht der Motor zu langsam, wird die gesamte freiwerdende Energie für die Aufrechterhaltung des Motorbetriebs gebraucht und das Flugzeug wird langsamer. Dreht der Motor hingegen zu schnell, kann dies eine ineffiziente Verbrennung nach sich ziehen (die entstehende Energie kann nicht mehr umgewandelt werden), doch wird im schlimmsten Fall die strukturelle Belastungsgrenze der Bauteile des Motors erreicht, so dass Lagerschäden den Motor unbrauchbar machen. Die hohe Drehzahl lässt jedoch auch viel Reibungshitze entstehen, die den Motor überhitzen kann. Die Drehzahl des Motors wird zum Einen durch die Kraftstoffmenge bestimmt, zum Anderen durch den Propeller. Da der Propeller über ein Getriebe direkt mit dem Motor verbunden ist und in der Regel nicht ausgekuppelt werden kann, kann dieser z.B. im Sturzflug vom Fahrtwind stärker angetrieben werden als vom Motor. Dann wird selbst im Leerlauf die kritische Drehzahl überschritten.

Propeller

Der Propeller, oder auch die Luftschraube, setzt das Drehmoment des Motors in eine vorwärts gerichtete Kraft um, den Vortrieb. Dabei funktioniert der Propeller wie eine Schraube, die sich in Holz bohrt: Die schrägen Blätter drücken in der Drehbewegung die Luft nach hinten und das Flugzeug wird dadurch nach vorn gezogen. Allerdings ist Holz ein Feststoff, Luft aber ein Gas. Die Kräfte lassen sich nur teilweise an die Luft übertragen, so wie man bei einem Auto auf glatter Fahrbahn nur einen Teil der Motorleistung auf die Straße übertragen kann: Bei zu hoher Beschleunigung drehen die Räder durch. Dasselbe tut der Propeller in der Luft. Die auf diese Weise verlorengehende Leistung nennt man Schlupf.

Propellerblattwinkel

Man muss starre von verstellbaren Propellern unterscheiden.
Der starre Propeller hat einen fest vorgegebenen Propellerblattwinkel. Solche Propeller findet man nur bei älteren oder schwach motorisierten Flugzeugen. Beim verstellbaren Propeller lässt sich der Blattwinkel des Propellers regeln. Je kleiner der Verstellwinkel ist, desto besser lässt sich das Motordrehmoment auf die Luft übertragen. Der Propeller schaufelt pro Umdrehung nur wenig Luft, die er jedoch (aufgrund des kleinen Winkels) mit großer Kraft nach hinten drücken kann.
Bei großen Verstellwinkeln schaufelt der Propeller wesentlich mehr Luft mit geringer Kraft. Diese Kraftunterschiede kann man sehr gut mit einer Schaltgetriebe in einem Auto vergleichen: Kleine Gänge liefern viel Kraft für die Beschleunigung, aber der Motor erreicht schnell seine maximale Drehzahl. Man muss dann hochschalten, um die Drehzahl zu senken. Dasselbe tut man, wenn man den Propellerblattwinkel erhöht: durch den größeren Winkel muss der Propeller nicht mehr so schnell drehen, um dieselbe Menge Luft zu schaufeln.


P-Faktor

Wenn der Anstellwinkel des Flugzeugs nicht der Normalfluglage entspricht, entsteht ebenso eine Winkeldifferenz zwischen Flugrichtung und Propellerachse.
Dies führt zum Effekt des P-Faktors.
Hierbei entstehen auch am Propellerblatt unterschiedliche Anstellwinkel, welche den erzeugten Vortrieb aus der Längsachse heraus verschieben. Das Flugzeug beginnt dadurch um die Hochachse zu drehen. Es tritt der Effekt des Schiebens ein welcher unbedingt mit dem Seitenruder ausgeglichen werden muss.
Besonders Auffällig ist dieser Effekt im Steigflug und beim Rollen und Starten mit Spornradflugzeugen. Jedoch ist der P-Faktor bei jeder Änderung des Anstellwinkels (Bedienung des Höhenruders) zu beachten. Auch im Kurvenflug und im Sinkflug, sowie bei gedrosselter Leistung oder steilem Andrücken muss dieser Effekt mit dem Seitenruder ausgeglichen werden.

Kühlung

Es gibt bei hauptsächlich zwei Formen von Kühlung: Luftkühlung (meist Sternmotor) des Motors und Wasserkühlung (Reihen- und V-Motoren).

Bei der Luftkühlung strömt Luft an den Zylindern vorbei. Die Zylinder haben Kühlrippen, so dass die Berührungsfläche größer ist und mehr Wärme an die vorbeiströmende Luft abgegeben werden kann. Die vorbei fließende Luftmenge wird durch Klappen gesteuert, die wie Ventile funktionieren. Diese Art der Kühlung ist vor allem bei Sternmotoren effizient, jedoch gibt es zum Beispiel mit dem Argus AS 10 Motor auch Reihen und V-Reihen Motoren die nach diesem Prinzip gekühlt werden.

Bei Wassergekühlten Motoren sind die Zylinder doppelwandig konstruiert. Zwischen den Wänden zirkuliert eine Kühlflüssigkeit. Über dieses Wärmetauschersystem wird die Wärme vom Motor abgeführt. Die erwärmte Kühlflüssigkeit wird zu einem zweiten Wärmetauscher geführt, der die Wärme der Kühlflüssigkeit an die Luft überträgt. Dabei wird dasselbe Funktions- und Kontrollsystem verwendet wie bei der Luftkühlung. Die Wasserkühlung hat zwei Vorteile: Erstens bildet die Kühlflüssigkeit einen Puffer, so dass der Motor bei geringen Geschwindigkeiten nicht so schnell überhitzen kann wie bei einer Luftkühlung. Zweitens lassen sich so auch schmale und aerodynamisch vorteilhafte Reihen- und V-Motoren effizient kühlen, denn bei einer Luftkühlung würde die Kühlleistung der Luft an den hinteren Zylindern nur noch einen geringen Effekt haben.
Der Nachteil ist natürlich die Anfälligkeit gegen Beschädigung. Leckgeschossene Rohre und Wärmetauscher, teilweise einzelne Geschosse oder sonstige Fragmente, können das System binnen Minuten schachmatt setzen und zu einem überhitzten Motor führen.
Man muss beachten, dass bestimmte Konstruktionsweisen des Kühlers (äußerer Wärmetauscher) einen hohen Luftwiderstand verursachen. Dieser macht sich umso stärker bemerkbar, je höher die Eigengeschwindigkeit des Flugzeugs ist. Die meisten Flugzeugkonstruktionen mit wassergekühlten Motoren können ihre Höchstgeschwindigkeit nur mit einer aerodynamisch effizienten Kühlerstellung und nicht über die maximal mögliche Motorleistung erreichen.