„Sehen“ defensiv – niemals unachtsam sein


Bevor wir uns auf einen Gegner stürzen können, müssen wir ihn erst einmal finden. Und zwar, bevor er uns findet, damit wir auch eine gute Chance gegen ihn haben.

Dazu gehören zwei Dinge, erstens müssen wir Ausschau nach dem Gegner halten und zweitens müssen wir ihn daran hindern, uns zu überraschen.

Beides wird durch die richtige Technik des Ausschauhaltens erreicht.

Sehr häufig gilt: Es erwischt dich der, den du übersehen hast. Neun von zehn Abschüssen werden erreicht, wenn das Opfer sich der Gefahr nicht bewusst war. Ausgedehnte Luftkämpfe enden meist mit einer beschädigten Maschine auf der Flucht, die man oftmals nicht mehr niederstrecken kann, ohne sich selbst in tödliche Gefahr zu begeben.

Damit wir uns nicht überraschen lassen, müssen wir jeden Bereich des Himmels oft genug nach Feinden abtasten.

Viele Bereiche können wir aber nicht einsehen.

Die wichtigsten sind:
– Der tote Winkel hinter und unter unserer Maschine
– Die Bereiche unter unseren Tragflächen
– Der tote Winkel unter unserer Motorhaube
– Durch Streben verdeckte Ausschnitte


Zuerst müssen wir herausfinden, wie groß diese toten Bereiche in unserem Flugzeugmuster sind. Dann müssen wir ein Verfahren einstudieren, mit dem wir systematisch alle sichtbaren Bereiche abtasten können und möglichst regelmäßig die toten Bereiche freilegen können.

Unser Suchverfahren müssen wir üben, bis es automatisch abläuft. Dieser Punkt kann nicht überbetont werden.

Werden wir in unserer Aufmerksamkeit nachlässig, sind wir leichte Beute!
Und wir sind auch sehr schnell erledigt, wenn wir es zulassen, denn:
Ein Gegner braucht nur zehn Sekunden, um anzugreifen und abzuschießen.

Wie kann man in so kurzer Zeit den gesamten Himmel absuchen? Nicht durch bewusstes Spähen, das dauert zu lange. Statt dessen können wir unser Unterbewusstsein für uns arbeiten lassen. Wenn wir eine Landschaft betrachten, fallen uns vor allem Dinge auf, die sich bewegen. Das gilt besonders für Flugzeuge, die sich am Himmel bewegen. Bewegungen nimmt unser Unterbewusstsein selbst aus dem Augenwinkel wahr, deswegen können wir die Umgebung in wenige, große Abschnitte unterteilen. Außerdem fallen Dinge auf, die sich stark von ihrem Hintergrund abheben, wie z.B. schwarze Punkte vor einer weißen Wolkenwand. Dieses Sehen funktioniert aber nur, wenn sich der Hintergrund nicht bewegt – deshalb müssen wir stillhalten. Also: Unbewegte Abschnitte kurz auf Bewegungen oder Kontraste prüfen. Für dieses Sehen reicht eine gute Sekunde.

Weil unsere Augen neben- und nicht übereinander sind, ist unser Gesichtsfeld breit und niedrig. Und um den ganzen Luftraum um uns herum absuchen zu können teilen wir ihn in 5 Abschnitte (hinten links, linke Tragfläche, vorne, rechte Tragfläche, hinten rechts) auf. Und der menschlichen Anatomie entsprechend prüfen wir der Reihe nach jeden dieser Abschnitte nach dem Muster Oberhalb / Selbe Höhe / Unterhalb.


Wer sich jetzt an den Teil zu Funkverkehr erinnert weiss, welche Bereiche als oberhalb, selbe Höhe und unterhalb definiert werden. Alles was darüber und darunter liegt bezeichnen wir als Hoch oder Tief.
Dieses Prüfmuster kann man mit einem ganz normalen Coolie-Hat ohne Schwierigkeiten durchlaufen. Auf jeden Fall sollten wir das Sichtfeld so gross wie möglich („Weitwinkel“) einstellen, weil sich dadurch die Sichtbereiche besser überlappen.

Wer bisher aufgepasst hat, der bemerkt aber zwei Probleme:
Die blinden Bereiche bleiben blind und wir sehen nicht, was genau über uns passiert.

Beide Probleme lassen sich mit einem einfachen Manöver lösen: S-Kurven.

Indem wir das Flugzeug etwa 30° zur Seite rollen, ohne am Höhenruder zu ziehen, fliegen wir eine sanfte S- Kurve, die die blinden Bereiche wandern lässt. Dadurch werden die Zonen, die zuvor blind waren, aufgedeckt. Durch die 30° - Schräglage verschiebt sich unser Sichtfeld – auf der einen Seite gucken wir mehr zum Himmel, auf der anderen mehr zum Boden. Dadurch können wir vor allem den Bereich einsehen, der etwa 45° über uns ist – die Zone, aus der Angriffe aus der Überhöhung am häufigsten durchgeführt werden.

Wir müssen also unser Prüfmuster erweitern:
S-Kurve rechts: Prüfmuster von links nach rechts
S-Kurve links: Prüfmuster von rechts nach links

Mit etwas Übung fliegen wir so einen Generalkurs, um den wir in jede Richtung etwa 15° bis 20° pendeln. Wir kommen immer noch sehr schnell voran und sehen beinahe alle wichtigen Bereiche ein. Die S-Kurve legt außerdem die Zone direkt vor unserer Motorhaube frei und als besonderen Bonus verhindert sie, dass die Cockpitstreben ständig denselben Teil des Himmels verdecken.

Mit einer sogenannten Viertelrolle kann man außerdem die „tiefe Sechs“ überprüfen: 90° in eine Richtung rollen und in dieser Richtung nach hinten gucken. Dies sollte man regelmäßig, z.B. nach jeder zweiten S-Kurve, mit einflechten.