Blockschulung
Grundflugschule
3. Flugstunde
Steigflug, Sturzflug und Trudeln
In der theoretischen Vorbereitung zur dritten Flugstunde werden wir uns mit dem
effizienten Steigflug, dem Sturzflug und dem Trudeln sowie dem Abfangen der
Trudelbewegung beschäftigen.
Auswirkung von Beschleunigungskräften auf den menschlichen Körper
Bei jeder Änderung der Flugbahn (z.B. Kurvenflug oder Abfangen) tritt die Fliehkraft in
Erscheinung.
Ein Pilot, der z.B. eine Steilkurve mit einer Beschleunigung von 3 G fliegt, „wiegt“ das
Dreifache seines Gewichts in Ruhe. Somit wiegt auch sein Blut das Dreifache und der
Kreislauf hat Mühe, dieses „schwere“ Blut weiterhin zu den Organen zu fördern. Da sich das
Gehirn des Piloten oben befindet, ist unter diesen Bedingungen die Versorgung des Gehirns
mit Blut und somit Sauerstoff besonders erschwert. Das Gehirn hat aber nur eine
Sauerstoffreserve für wenige Sekunden. Wenn nun der Kreislauf die G-Belastung über eine
längere Zeitspanne nicht mehr voll kompensieren kann, fallen bestimmte Funktionen des
Gehirns wegen Sauerstoffmangel aus.
Dies betrifft jene Beschleunigungen, bei denen die Kraft vom Kopf in Richtung der Füße
wirkt. Weil das der normalen Position im Flug entspricht, heißt sie „positive G-Belastung“.
Wirkt die Kraft dagegen von den Füßen in Richtung Kopf spricht man von „negativen G“.
Die Gehirnfunktion, die als erste durch Sauerstoffmangel beeinträchtigt wird, ist das Sehen.
Wenn die G-Belastung allmählich ansteigt, geht wegen zunehmendem Sauerstoffmangel
zuerst das Farbensehen verloren. (Grey Out)
Bei fortschreitenden positiven G kommt es zu einer Einengung des Sichtfeldes. (Tunnelblick)
Blackout ist der völlige Sehverlust durch positive G. Sobald die Belastung wieder reduziert
wird, kommt das Sehvermögen sowohl beim Grey-Out als auch Blackout nahezu
unverzüglich zurück.
Eine weitaus größere Gefahr ist der G-LOC. Die Abkürzung steht für „G-Force induced Loss of
Consciousness“, also durch G-Kräfte ausgelöste Bewusstlosigkeit.
Der G-LOC tritt bereits bei ca. +3 G auf, sobald die Belastung über einen Zeitraum von mehr
als etwa 15 Sekunden anhält. Aber auch kurzzeitige hohe G-Belastungen können zum G-LOC
führen, wenn der Anstieg der Beschleunigung so rasch erfolgt, dass der Kreislauf keine Zeit
hat, sich auf die Belastung einzustellen. Im Gegensatz zum Blackout, der bei Nachlassen der
Belastung quasi sofort verschwindet, kann es beim G-LOC bis etwa 45 Sekunden dauern,
bevor der Pilot das Bewusstsein wieder erlangt.
Deshalb ist der G-LOC eine potenziell tödliche Gefahr.
Bei negativen Beschleunigungen wird das Blut in den Kopf gedrückt. Der Druck im Kopf kann
für nicht daran gewöhnte Piloten recht schmerzhaft sein. Der „Red-Out“ kann nur bei großer (oder auch bei längerer geringer) negativer G-Belastung auftreten. Das Phänomen lässt sich so erklären, dass durch die
negativen G die Unterlider nach oben vor die Augen gedrückt werden und der Pilot dann nur
noch rot sieht.
Eine negative 'Beschleunigung' wird ebenfalls erreicht, wenn sich das Flugzeug in der Rückenfluglage befindet. Normalerweise wirkt die Erdanziehungskraft auf den menschlichen Körper ja in 'aufrechter' Position (also einfache Erdanziehungskraft oder 1 G).
Sehr hohe negative G können im Extremfall zu ernsten Schädigungen des
Gleichgewichtsorgans und als Folge davon zu Schwindelanfällen führen.
Steigflug
Steigflug, oder auch Steigen, bezeichnet die Fluglage bei dem das Flugzeug mit Hilfe von
Höhenruder, Trimmung und Motorleistung an Höhe gewinnt. Die entscheidenden
Steigflugeigenschaften sind Motorleistung und Eigengewicht des Flugzeuges.
Zu beachten sind folgende Dinge:
1. Nicht zu früh steigen!
Um einen effektiven Höhengewinn zu erzielen und die Gefahr eines unkontrollierten
Strömungsabrisses zu verringern, ist eine ausreichend hohe Ausgangsgeschwindigkeit
wichtig. Der Steigflug sollte nicht unter 250 km/h einsetzten.
2. Die Trimmung dient der Entlastung des Flugzeugführers.
Wenn das Flugzeug eine längere Zeit steigen soll, kann der Steigwinkel über die
Trimmung gehalten werden, so dass man nicht ständig am Steuerknüppel ziehen
muss. Dadurch kann erhöhte Aufmerksamkeit auf die Beobachtung der Umgebung
gelegt werden.
3 Temperaturen beobachten!
Beim Steigflug sollte IMMER in regelmäßigen Abständen ein Blick auf die
Kühlertemperatur geworfen werden. Hier bietet es sich an, während des
Suchmusters (weiteres hierzu in späteren Dokumenten) einen Blick auf die
Temperaturen zu werfen.
Die effiziente Steigfluggeschwindigkeit
Für einen effektiven Steigflug berechnet man je nach Zuladung (z.B. Kraftstoff) und Flughöhe
die effiziente Steigfluggeschwindigkeit. Diese liegt bei der Bf 109 zwischen 260 km/h und 320
km/h. Um das zu vereinfachen legen wir hier 280 km/h fest, damit umgehen wir die
Berechnung und liegen im Durchschnitt. Somit liegen wir immer nah an den 300 km/h um
für Manöver genügend Anströmung und Auftrieb zu haben.
Einleiten und Durchführen des Steigfluges:
1. Mindestgeschwindigkeit
Mindestens 250 km/h
2. Motorleistung
innerhalb der bekannten Grenzwerte erhöhen
3. Kühler
Zum Einleiten öffnen
und in längeren Steigflügen der Temperatur anpassen
4. Steigwinkel
Mit dem Höhenruder das Flugzeug in den gewünschten Steigwinkel bringen
5. Trimmung
Nach Erreichen des Steigwinkels das Flugzeug austrimmen
und falls nötig anpassen
6. "Sauber" Fliegen
Mit dem Seitenruder die Kugel des Wendezeigers in der Mitte halten um möglichst
wenig Luftwiderstand zu bieten
Steigflug beenden/Übergang in den Reiseflug:
1. Ausleveln
Mit dem Höhenruder das Flugzeug in den Horizontalflug bringen
2. Trimmung
Nach Erreichen des Horizontalfluges das Flugzeug austrimmen
und falls nötig anpassen
3. Leistung und Kühler
Je nach Flughöhe die Leistung und Kühlerstellung anpassen.
Sturzflug
Sturzflug, oder auch Sturz genannt, ist ein steiler Sinkflug. Dieser wird sowohl im Luftkampf
als auch im Tiefenangriff (Bodenangriff) häufig eingesetzt.
Zu beachten sind folgende Dinge:
1. Veränderte Steuerflächenwirkung bei hohen Geschwindigkeiten!
Viele Flugzeuge bekommen bei einer hoher Eigengeschwindigkeit sogenannte
„Betonruder“.
Diese entstehen durch den hohen Widerstand, den die extrem schnell
vorbeiströmende Luft der benötigten Kraft für einen Ruderausschlag entgegensetzt.
Da die meisten Maschinen keine Kraftverstärker (Servos) besitzen, ist der Pilot bei
hohen Geschwindigkeiten nicht mehr in der Lage, die Ruder voll zu betätigen.
Gerade
beim Abfangen aus dem Sturzflug kann dies tödlich enden, wenn das Flugzeug nicht
vor dem Boden abgefangen werden kann.
2. Strukturelle Belastungsgrenze:
Alle Flugzeuge montieren ab einer gewissen
Eigengeschwindigkeit ab. Der Luftwiderstand wird so groß, dass Teile des Flugzeugs
abreißen. Für jeden Flugzeugtyp ist diese Geschwindigkeit eine andere. Die
Belastungsgrenze macht sich aber durch heftiges Vibrieren bemerkbar.
3. Motordrehzahl:
Der Motor ist über ein Getriebe mit dem Propeller verbunden. Im
Sturzflug kann es passieren, dass der Propeller so schnell vom Fahrtwind gedreht
wird, dass der Motor trotz Leerlauf überdreht und Lager- oder Hitzeschäden
davonträgt.
Einleiten und Durchführen des Sturzfluges:
1. Leistungshebel
auf Leerlauf
2. Trimmung
Maschine hecklastig trimmen (dies erleichtert das Abfangen)
3. Rückenflug
Mit dem Querruder drehen wir das Flugzeug auf den Rücken (halbe Rolle).
So haben wir keine 'negativen' G wenn wir das Flugzeug im Anschluss in den Sturzflug bringen.
4. Sturzwinkel
Mit dem Höhenruder das Flugzeug in den gewünschten Sturzwinkel ziehen und diesen halten.
5. Ausrichtung
Sollten wir beim Einleiten des Sturzfluges unsere Flugbahn zu einem Winkel geändert haben, der 'kleiner als Senkrecht zum Boden' ist, befinden wir uns jetzt auf unserer Sturzbahn immer noch (wenn auch leicht) im Rückenflug.
Zum Abfangen aus dem Sturz sollten wir uns aber keinen 'negativen' G aussetzen!
Mit dem Querruder drehen wir das Flugzeug falls nötig wieder in normale Fluglage (halbe Rolle).
6. Sturzwinkel korrigieren
Durch die steigende Geschwindigkeit wird unser Auftrieb stärker.
Wir werden also während des Sturzes unseren Winkel korrigieren müssen.
Dieses erfolgt durch 'Andrücken' (also Höhenruder nach unten).
7. Maximalgeschwindigkeit
Durch die steigende Geschwindigkeit im Sturzflug können wir die Maximalgeschwindigkeit des Flugzeuges überschreiten!
Dies ist auf dem Fahrtmesser ablesbar und wird teilweise auch durch Vibrationen am Flugzeug spürbar.
Sollten wir die Maximalgeschwindigkeit überschreiten müssen wir unverzüglich den Sturzwinkel verringern, bis wir wieder innerhalb der Grenzwerte sind.
Dies muss auf jeden Fall durch ein sehr behutsames 'Ziehen' erfolgen, da sich unser Flugzeug bereits an der Belastungsgrenze befindet.
Und die im vorherigen Teil angesprochenen 'Beschleungungskräfte' (G Kräfte) wirken nicht nur auf den Piloten ein, sondern auch auf sein Flugzeug. Bei einem zu starkem Abfangen kann hier also bereits die 'Belastungsgrenze' überschritten werden...
Folge: Abmontieren von Flugzeugteilen (in der Regel Tragflächen oder Steuerflächen), was unweigerlich zum Kontrollverlust und somit zum Absturz führt. Bestenfalls ist der Pilot durch die Beschleunigungskräfte ebenfalls im 'Black Out' und bekommt davon nichts mehr mit...
Gerade bei sehr steilen Stürzen kann dabei aber die kritische Geschwindigkeit schon
überschritten werden. Dazu kommt, dass das Abfangmanöver Fliehkräfte erzeugt, die die
strukturelle Belastung kurzfristig erhöhen. So kann bei harten Abfangmanövern die
Tragfläche brechen, obwohl man noch unter der kritischen Geschwindigkeit ist. Deshalb
sollte man immer etwas Spielraum einkalkulieren, 50 bis 60 km/h unter der kritischen
Geschwindigkeit sind eine gute Lebensversicherung.
Steigflug beenden/Übergang in den Reiseflug:
1. Ausleveln
Mit dem Höhenruder das Flugzeug in den Horizontalflug bringen
Auch hier gilt wieder: Je nach Geschwindigkeit durch ein sehr behutsames 'Ziehen'.
Die Stichworte 'Belastungsgrenze' und 'Beschleunigungskräfte' aus dem vorhergehenden Teil über die 'Einleitung und Durchführung eines Sturzfluges' gelten auch hier...
2. Trimmung
Nach Erreichen des Horizontalfluges das Flugzeug austrimmen
und falls nötig anpassen
3. Leistung und Kühler
Je nach Flughöhe die Leistung und Kühlerstellung anpassen
Trudeln
Trudeln bezeichnet Absturzverhalten, bei dem das Flugzeug auf seinen Tragflächen kreiselt.
Es rotiert dabei um seine Hochachse, ohne dass die Tragflächen Auftrieb erzeugen können.
Kontrolliertes Trudeln wird im Kunstflug und in besonderen Fällen im Luftkampf eingesetzt.
Unkontrolliertes Trudeln entsteht durch einen einseitigen Strömungsabriss und dürfte jedem
Piloten allzu bekannt sein.
Strömungsabrisse treten vor allem bei Abfangmanövern, extremen Kurven oder zu niedriger
Geschwindigkeit auf. Häufig reißt die Strömung nicht gleichzeitig an beiden Tragflächen ab.
Besonders häufig tritt ein einseitiger Strömungsabriss auf, wenn sich die Vorflügel
ungleichmäßig öffnen (besonders in Kurvenlagen), oder die Fluglage des Schiebens nicht
ausgeglichen wird.
Dies führt auch dazu, dass sich die Abrissgeschwindigkeit erhöht.
Trudelarten
Man unterschiedet hauptsächlich zwischen Flachtrudeln und Steiltrudeln.
Je nach Neigung der Längsachse wird zwischen Steil- (bzw. normalem) Trudeln und
Flachtrudeln unterschieden.
In manchen Quellen wird als Grenze zwischen den beiden
Zuständen eine bestimmte Längsneigung genannt (meist 45° oder 60°).
Das ist aber aus
folgenden Gründen falsch:
Erstens pendeln viele Flugzeuge während des Trudelns mehr oder
weniger stark um die Querachse,
so dass die Angabe eines bestimmten Neigungswinkels von
vornherein sinnlos ist.
Außerdem besteht der wesentliche Unterschied nicht in einem
bestimmten Neigungswinkel,
sondern in den Strömungsverhältnissen am Seitenruder.
Beim normalen (Steil-)Trudeln liegt auch während des Trudelns am Seitenruder immer
Strömung an.
Das Trudeln kann deshalb durch einen beherzten Einsatz des Seitenruders
jederzeit einwandfrei ausgeleitet
werden (siehe 'Trudeln
abfangen').
Beim Flachtrudeln
ist das nicht der Fall.
Gerät ein
Flugzeug ins Flachtrudeln, so
gibt es selten die Möglichkeit
dieses auszuleiten.
Ein
Flachtrudeln tritt zumeist bei
inkorrekter Schwerpunktlage
auf.
Einleiten des Trudelns:
1. Höhenruder
Durch extremen Höhenrudereinsatz den Anstellwinkel in einen kritischen Bereich
hinausziehen
2. Querruder
Bei einsetzendem Strömungsabriss volles Querruder geben, um den Strömungsabriss
einseitig zu verstärken
3. Seitenruder
Optional volles Seitenruder in Richtung des Querruders treten, um den
Querrudereffekt und den einseitigen Auftriebsverlust zu verstärken und so die
Trudelwirkung zu verstärken
Trudeln beenden/abfangen:
1. Querruder
Querruder in Richtung der Trudelbewegung
2. Leistung
Leistung auf Leerlauf reduzieren
3. Seitenruder
Volles Seitenruder gegen die Trudelrichtung geben
4. Höhenruder
Volles Höhenruder drücken, um die Maschine in einen Sturzflug zu zwingen
5. Sturzflug
Mit einsetzendem Sturzflug die Leistung langsam erhöhen
6. Abfangen
Ab 250 km/h den Sturzflug abfangen
Der kritische Moment ist das Abfangen aus dem Sturzflug. Wenn man zu schnell abfängt,
wird der Anstellwinkel so groß, dass ein erneuter Strömungsabriss einsetzt.
Meist ist man
dann bereits zu dicht über dem Boden, um ein zweites Mal das Trudeln abfangen zu können
oder abzuspringen.
Im Falle des Flachtrudelns
Hier sollte zuerst versucht werden, mit stoßartigem Drücken (aufschaukeln des Flugzeugs)
bis zum Anschlag, die Längsneigung zu erhöhen, um in ein Steiltrudeln zu gelangen.
Es soll auch schon Fälle gegeben haben, bei denen es dem Piloten gelungen sein soll, durch
Losschnallen und Verlagern des Schwerpunkts nach vorne das Flachtrudeln zu beenden, doch
ist der Erfolg dieser Verzweiflungstat keineswegs garantiert.
Bei propellergetriebenen Flugzeugen kann mit Hilfe der Motorleistung und der dadurch
bewirkten unterschiedlichen Kreiselwirkung des Motors die Trudellage bedingt beeinflusst
und so auch bei korrektem Schwerpunkt ein Flachtrudeln erzeugt werden. Dieses geht dann
wieder in ein Steilrudeln über, sobald die Leistung zurückgenommen wird.