Messerschmitt Me 163 "Komet"
Messerschmitt Me 163 A
Die Me 163 ging auf Forschungsarbeiten zurück, die der Aerodynamiker Dr. Alexander Lippisch (später Prof.) noch vor dem Krieg bei der Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) durchgeführt hatte. Lippisch hatte bereits mehrere herkömmliche Segelflugzeuge entworfen, bevor er sich Flugzeugen ohne Leitwerk zuwandte. Als nun einige fortschrittliche Denker im Reichsluftfahrtministerium zu der Ansicht kamen, ein Flugzeug ohne Leitwerk wäre für die neuen Raketentriebwerke von Professor Hellmuth Walter am besten geeignet, wandten sie sich natürlich an Lippisch. Die Möglichkeit zum Bau eines so komplexen Flugzeugs, welches den Schritt in eine neue Technologie bedeutete, noch dazu als Geheimprojekt, war bei der DFS natürlich äußerst eingeschränkt. Aus diesem Grund zog Lippisch am 2.Januar 1939 mit zwölf engen Mitarbeitern in die Augsburger Messerschmittwerke um. Hier erhielt das "Projekt X" nun die Bezeichnung Me 163 und wurde aus Gründen der Geheimhaltung mit einer veralteten Typennummer von Messerschmitt versehen. Man hatte schon damals erkannt, dass für Hochgeschwindigkeitsflüge gepfeilte Tragflächen ideal waren. So zeigte bereits ein älteres DFS-Projekt, welches nun als aerodynamisches Erprobungsmuster für den zukünftigen Abfangjäger diente und noch mit einem kleinen Kolbenmotor im Heck ausgerüstet war, hervorragende Leistungen. Im Februar 1940 kam vom OKL die Anweisung, alle Projekte einzustellen, die nicht innerhalb der nächsten 12 Monate produktionsreif sein würden. Somit stand die Me 163 plötzlich vor einem vorzeitigen Aus. Alexander Lippisch griff nun ganz auf das ältere DFS-Modell zurück und baute es zum Versuchsträger für das Walter-Triebwerk HWK R I-203 (400 kp Schub) um. Der Raketenmotor war ein "kaltes" Triebwerk, bei dem die chemische Reaktion zwischen dem T-Stoff (Wasserstoffsuperoxyd) und Z-Stoff (Kalziumpermanganat) ohne eigentlichen Flammprozess den Schub erzeugte. Im August 1940 startete die Flugerprobung in Peenemünde wobei der Versuchsträger bereits Geschwindigkeiten von ~550 km/h erreichte. Diese Erfolge brachten das Projekt nun wieder ins Rollen und zunächst wurden drei Versuchsmuster in Auftrag gegeben. Da die vorgesehenen HWK R II-203 Triebwerke (750 kp Schub) von Prof. Hellmuth Walter jedoch noch nicht zur Verfügung standen, wurden im Frühjahr 1941 zunächst die Gleitflugeigenschaften erprobt. Auch diese Tests verliefen erfolgreich, denn die aerodynamische Meisterleistung erbrachte im Sturzflug Geschwindigkeiten von ~850 km/h. Am 13. August 1941 war es nun endlich soweit. In Peenemünde startete die erste Me 163A mit Raketenantrieb und brach wenig später mit 775 km/h den Geschwindigkeitsweltrekord. Anschließend wurde die Geschwindigkeit bei jedem weiteren Flug erhöht. Am 2.Oktober 1941 ließt der Testpilot Heini Dittmar das Flugzeug volltanken und wurde von einer Bf 110 auf 4.000 m Höhe geschleppt. Dort wurde das Schleppseil ausgeklinkt und der Raketenmotor der Me 163A V3 gezündet. Nach kurzer Zeit erreichte der Pilot eine Geschwindigkeit von 0,84 Mach. Dabei trat an einigen Stellen der Maschine bereits Überschallgeschwindigkeit auf und das Flugzeug wurde instabil. In 3.600 Metern über der Messstrecke überschritt Heini Dittmar als erster Mensch der Welt die 1.000-km/h-Marke. Einige Zeit konnten Aerodynamiker diese Zahlen kaum glauben, doch es stand klar fest, dass Dittmar als erster Mensch nahe an die Schallgrenze gekommen war. Die späteren Nachberechnungen ergaben 1.003 km/h (278,61 m/s). An diesem denkwürdigen 2.Oktober 1941 schrieb die Me 163 Luftfahrtgeschichte, lange bevor sie als Abfangjäger eingesetzt wurde. Nach diesem großen Erfolg sollte nun die Entwicklung zur Me 163 B, dem eigentlichen Einsatzflugzeug, erfolgen.
Messerschmitt Me 163 B
Lippisch und seine Mitarbeiter standen nun vor der Herausforderung, bei aller Ähnlichkeit zur Me 163 A in kürzester Zeit ein völlig neues Flugzeug zu konstruieren. Allein um mit dem neuen HWK R-211 Triebwerk annähernd praktikable Reichweiten für zukünftige Abfangeinsätze zu erreichen, musste die Tankkapazität auf mehr als das Dreieinhalbfache als bei der Me 163 A steigen. Das neue Triebwerk war zudem noch deutlich schwerer. Die Bewaffnung (Die Vorserienausführung Me 163 Ba-1 hatte eine Bewaffnung aus zwei 20-mm-Bordmaschinenkanonen MG 151, während die Serienversion Me 163 B-1a mit zwei 30-mm-BMK MK 108 ausgerüstet war.), die Panzerung und zusätzliche Ausrüstung würden die Startmasse auf fast vier Tonnen ansteigen lassen. Da die aerodynamischen Eigenschaften bereits stimmten, wurden die Flügelprofilierungen und die festen Vorflügel in den Tragflächen von der Me 163 A übernommen. Die tragende Konstruktion, Landeklappen und Ruder mussten jedoch an die höhere Masse der Me 163 B angepasst werden. Trotz umfangreicher Arbeiten verließ die Me 163 V1 bereits im April 1942 die Montage bei Messerschmitt in Regensburg und kurz danach wurden auch die weiteren Versuchstypen fertig. Da sich die Auslieferung der neuen Triebwerke noch verzögerte, wurde die Me 163 B "Komet" zunächst ausgiebig im antriebslosen Flug getestet. Als im Juni 1943 der erste HWK R-211 Raketenmotor (spätere RLM-Bezeichnung HWK 109-509 A) in die Me 163 V2 (Versuchsmuster 2) eingebaut wurde, waren die erzielten Flugleistungen eine wahre Revolution. Die Me 163 B stieg in weniger als 3 ½ Minuten auf 12.000 Meter und erreichte im Horizontalflug eine Geschwindigkeit von 965 km/h. Im Gegensatz zum HWK R II-203 Triebwerk der Me 163 A kam in der Me 163 B mit dem neuen HWK R-211 oder HWK 109-509 A ein so genantes "heißes" Verfahren zum Einsatz. Bei diesem Verfahren wird als Brennstoff ein Gemisch aus Methylalkohol, Hydrazinhydrat, gasförmiger Kupfercyanidlösung sowie Wasser (C-Stoff) und als Sauerstoffträger Wasserstoffsuperoxyd (T-Stoff) verwendet. Diese Stoffe reagieren beim Zusammentreffen spontan und ohne zusätzliche Zündquelle. Dabei wird beim Zerfall von Wasserstoffsuperoxyd (T-Stoff) der freiwerdende Sauerstoff zur Verbrennung des eingespritzten Brennstoffs (C-Stoff) genutzt. Der erzeugte spezifische Impuls ist mit 2.000 m/s doppelt so hoch wie beim "kalten" Verfahren der Me 163 A-Triebwerke. Erst werden T- und C-Stoff durch Pumpen separat bis hin zur Brennkammer gefördert. Über das Regelgerät, die Druck-, Steuer-, Sicherheitsventile und Druckwaagen gelangen die Treibstoffe durch die Einspritzdüsen in die Brennkammer hinein. Dort entzünden sie sich durch eine chemische Reaktion, die in Druck bis 23 bar und Temperaturen von ca. 1.800°C umgesetzt wird. Nach dem Prinzip Aktion – Reaktion strömen die Gase mit hoher Geschwindigkeit aus der Düse aus und erzeugen den gewünschten Schub von ~ 1.500 kp. Trotzdem war man mit dem neuen Raketenmotor nicht ganz zufrieden, denn die Brenndauer betrug nur sechs Minuten und zudem setzte das Triebwerk noch immer bei Flugmanövern mit negativen Belastungen aus. Die erste Serienmaschine, die nun inoffiziell "Komet" hieß, wurde trotzdem im Mai 1944 von der Luftwaffe abgenommen und im Juni 1944 bildete sich der erste Me 163 – Einsatzverband, die 1./JG 400. Der Standort dieser Einheit war Brandis, von wo aus die Raketenjäger zum Schutze der Leuna-Raffinerien eingesetzt wurden und schließlich am 16. August 1944 den ersten Feindeinsatz flogen. In den späten Luftkämpfen des Krieges bewährte sich die Me 163 wohl nicht besonders, denn obwohl rund 280 Maschinen gebaut wurden sind nur 9 Luftsiege dieser Raketenjäger dokumentiert. Dies mag verschiedene Gründe haben doch die kurze Brenndauer des Triebwerks, die besonders hohe Geschwindigkeit beim Anflug auf alliierte Bomberverbände und zudem die Unerfahrenheit der meisten Piloten spielten sicherlich eine entscheidende Rolle. Bereits die Ausbildung der Piloten und auch die späteren Einsätze der "Komet" wurden von vielen schweren Unfällen überschattet. Die Me 163 galt als schwierig zu fliegende und nicht 100%ig ausgereifte Maschine. Allein 80 Prozent der Gesamtverluste waren das Ergebnis von Start- oder Landeunfällen, weitere 15 Prozent fingen in der Luft Feuer oder konnten nicht mehr aus einem rasanten Sturzflug abgefangen werden. Die enormen Verluste und die im Gegensatz dazu stehenden geringen Erfolge führten dazu, dass die Einsätze der Me 163 B nur als reines Himmelfahrtskommando bezeichnet werden konnten.
Messerschmitt Me 163 C
Die Grundkonstruktion der Me 163 B sollte zur Me 163 C weiterentwickelt werden. Sie hätte sich von der Me 163 B hauptsächlich durch den Raketenmotor HWK 509C unterschieden, der eine zusätzliche Brennkammer für den Reiseflug hatte, so dass die Flugdauer auf 19 Minuten verlängert werden könnte. Die Bewaffnung sollte aus zwei 30-mm-Bordmaschinenkanonen MK 103 und zwei 30-mm-BMK MK 108 bestehen, der Rumpf war 90 cm länger, und es war eine Rundumsicht-Kabinenhaube vorgesehen. Der Bau von vier Prototypen begann im Januar 1943, die Erprobung von Baugruppen war für April 1944 vorgesehen und die volle Erprobung für August 1944. Im Februar 1945 wäre die Erprobung abgeschlossen gewesen. Es wurde aber keine Me 163 C mehr fertig gestellt oder geflogen, denn eine andere Variante, die später als Me 263 bezeichnet wurde, erhielt Vorrang.
Messerschmitt Me 263
Im Spätsommer 1944 erhielten die Junkerswerke den Auftrag, einen Nachfolger für die Me 163 B unter dem Decknamen "Flunder" zu entwickeln, das Flugzeug erhielt die Typenbezeichnung Ju 248. Die Konzeption der Maschine entsprach zwar derjenigen der Me 163 B, denn sie hatte ebenfalls mäßig gepfeilte Flügel und keine Höhenleitwerke, aber ansonsten war der Jäger von Junkers eine völlige Neukonstruktion. Das bei der Me 163 B verwendete Start- und Landesystem aus Startwagen und Landekufe wurde zugunsten eines konventionellen einziehbaren Dreibeinfahrwerkes aufgegeben (das an der Me 163 B V18 erprobt wurde), die Tanks wurden vergrößert und es wurde ein Raketenmotor HWK 509C (der auch für die Me 163 C verwendet werden sollte) eingebaut. Der Raketenmotor hatte eine Hauptbrennkammer, die 2.000 kp Schub leistete. Die aus Holz gebauten Flügel entsprachen weitgehend denjenigen der Me 163 B, und in den Rumpf aus Dural war eine Druckkabine eingebaut. Die Bewaffnung bestand aus zwei 30-mm-Bordmaschinenkanonen Typ MK 108. Die für die Fertigung erforderlichen Lehren wurden bei der Waggonfabrik Dessau gefertigt und ein erstes Modell wurde am 15. Dezember 1944 in Raguhn vorgeführt. Im gleichen Monat änderte das RLM die Bezeichnung von Ju 248 in Me 263, obwohl Junkers weiter für die Entwicklung und den Bau zuständig blieb. Mittlerweile hatte man mit dem Bau von drei Prototypen begonnen. Um die Fertigung zu beschleunigen, wurden Flügel von der Me 163 B eingebaut, die von der Firma Puklitsch in Zeitz modifiziert und angepasst worden waren, auch die Steuerungselemente und die Instrumente stammten von der Me 163 B. Das Oberkommando der Luftwaffe (OKL) war in seiner Haltung der Me 263 gegenüber unentschlossen. Am 13. Januar 1945 forderte das OKL mit Nachdruck die Großserienfertigung des neuen Jägers. In zwei weiteren Meldungen des OKL vom 29. Januar 1945 wurde sowohl die Einstellung des Projektes als auch der schnellstmögliche Ersatz von Me 163 Maschinen beim Jagdgeschwader 400 durch Me 263 verlangt. Die Lage der Halterung am Raketenmotor HWK 509C stimmte nicht mit den Bauplänen überein, so dass bei den ersten beiden Prototypen Me 263 V1 und Me 263 V2 bereits nach der Fertigstellung der Flugzeugrumpf verlängert werden musste. Die Flugerprobungen begannen im März 1945, wobei die Me 263 V1 mit Ballast anstelle des Raketenmotors flog, das Fahrwerk war in ausgefahrener Stellung fixiert worden, und das Flugzeug wurde zu Gleitflugversuchen in die Luft geschleppt. Auch die V2 und V3 machten Gleitversuche, es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass mit Raketenantrieb geflogen wurde. Ein Prototyp der Me 263 wurde im Frühjahr 1945 von den sowjetischen Streitkräften erbeutet und sollte nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Entwicklung der MiG I-270 noch eine gewisse Rolle spielen.