Blockschulung

Grundflugschule







5. Flugstunde

Notfallprozeduren


Dieser Theorieteil wird sich mit Beschädigungen und Notfällen, sowie bedingt, mit ihren Ursachen befassen. Zudem finden sich hier Verhaltensweisen und Maßnahmen, wie mit diesen umzugehen ist.
Vor allem das richtige Einschätzen der Flugfähigkeit und die Entscheidung zu einer normalen Landung, einer Bruchlandung oder gar zum Ausstieg mit dem Fallschirm sind hierbei von besonderer Wichtigkeit.



Generelle Handlungsweisung bei Schäden am Flugzeug


Ruhe bewahren!
Panik und Hektik können eine an sich ungefährliche Situation lebensbedrohlich machen.

Einschätzung von Flug- und Kampftauglichkeit, ggf. Notwurf von Abwurfmunition und Trägereinrichtungen
So bald ein Schaden am Flugzeug festgestellt wird, muss der Flugzeugführer entscheiden, in wieweit er das Flugzeug in der Luft halten und den Einsatz bedingt fortsetzen kann, oder den Einsatz abbrechen muss. Mitgeführte Abwurfmunition, oder Trägereinrichtungen für diese, sollte falls möglich abgeworfen oder abgesprengt werden.

Absetzen mit ggf. zuvor genanntem Kurs, weitere Kampfhandlungen vermeiden
Wenn der Flugzeugführer sein Flugzeug als nicht kampftauglich einschätzt sollte er sich unbedingt absetzen und Kurs auf den nächst möglichen Heimatplatz nehmen. Je nach Frontlage ist es bedingt von Vorteil zunächst einen "sichereren" Absetzkurs zu fliegen. Bei guter Flugplanung werden solche Kurse bereits in der Einsatzbesprechung genannt oder können beim Verbandsführer erfragt werden.

Genaue Schadenskontrolle ggf. durch den Flügelmann
Nach dem der Absetzkurs angesetzt wurde und kein Angriff durch einen möglichen Feind zu erwarten ist, folgt eine explizite Kontrolle der Schäden an Struktur und Systemen. Mögliche Schäden am Rumpf und Heck sollten hierbei durch den Flügelmann inspiziert werden.

Meldung über Schäden und Absetzrichtung
Falls dies noch nicht geschehen sein sollte, ist nun der späteste Zeitpunkt um eine Meldung über die vorhandenen Schäden und die Absetzrichtung an den Verbandsführer abzusetzen.

Orientierung und Navigation
Wenn bisher nur ein geplanter Absetzkurs geflogen wurde, sollte sich der Flugzeugführer über seine genau Position und Höhe klar werden.

Evaluierung der weiteren Handlungsmöglichkeiten
Nach dem der Flugzeugführer sich nun mit Position, Höhe, vorhandenen Schäden, dem Frontverlauf, so wie dem nächst möglichen Heimatplatz seiner Gesamtsituation bewusst ist, muss er anhand dieser Informationen den Weiterflug und Landemöglichkeiten planen.

Fortwährende Suche nach geeigneten Notlandeplätzen
Während des gesamten weiteren Fluges sollte der Flugzeugführer immer wieder nach möglichen Notlandeflächen Ausschau halten, um im Falle von Folgeschäden schnell und sicher reagieren zu können.


Triebwerksschäden


Ein Schaden am Triebwerk ist sehr kritisch, da er im schlimmsten Falle zum Totalausfall führen kann und somit der sichere Weiterflug nicht gewährleistet werden kann.

Wir unterscheiden hier hauptsächlich zwischen Schäden am Motor und an den Kühl-, Schmier- und Kraftstoffsystemen.

Schäden am Triebwerk bedeuten meist einen Triebwerksausfall nach einer geringen Zeit, siehe hierzu: Thema "Segelflug"


Schäden am Motor


Bei Schäden am Motor handelt es sich zumeist um ausgeschlagene Lager, sowie gerissene oder zerschossene Zylinder und Zylinderköpfe. Hierbei treten dann zumeist hohe Vibrationen am Flugzeug auf.


Welche Anzeichen gibt es um Schäden am Motor frühzeitig zu erkennen:
- Drehzahl- und Ladedruckschwankungen
- Ungewöhnliche Geräuschentwicklung am Motor
- Leistungsverlust bei bekannten Leistungseinstellungen
- Ölfilm auf der Kabinenverglasung
- Deutlich sichtbaren Rußfahne bei geringer Leistungseinstellung
- Vereinzelte Zündaussetzer
- Merklich Vibrationen am ganzen Flugzeug


Handlungsweisung bei Schäden am Motor:
- Schonleistung bei ~0,8 ata und <1500 U/min mit hohem Propellereinstellwinkel (etwa 8:30 Uhr)
- Kühlerklappen schließen und bei Bedarf wieder leicht anpassen


Schäden am Kühlmittelkreislauf


Schäden am Kühlsystem können in Form von beschädigten Leitungen, Beschädigung des Ausgleichbehälters, sowie der Kühler selbst auftreten. Je nach Schadensbild ist hierbei früher oder später mit einem Trockenlaufen der Kühlanlage zu rechnen. Daraus folgt eine Überhitzung des Motors und schlussendlich sein Totalausfall.


Welche Anzeichen gibt es um Schäden am Kühlmittelkreislauf frühzeitig zu erkennen:
- Leck (hellweiße Kühlmittelfahne)
- Temperaturanstieg der Kühlmitteltemperatur
- Drehzahl- und Ladedruckschwankungen durch eine Überhitzung des Motors


Handlungsweisung bei Schäden am Kühlmittelkreislauf:
- Höhe und Strecke im effizienten Steigflug mit erhöhter Dauerleistung bis zur Triebwerksüberhitzung erfliegen, anschließend abschalten und Segelflug
- Unterhalb von 1000 m Höhe versuchen den Motor wieder anzulassen und mit Schonleistung bei ~0,8 ata und <1500 U/min mit hohem Propellereinstellwinkel (etwa 8:30 Uhr) weiterfliegen bis zum Totalausfall


Schäden am Schmierstoffkreislauf


Schäden am Ölsystem können in Form von beschädigten Leitungen, Beschädigung eines Behälters, sowie der Kühler auftreten. Je nach Schadensbild ist hierbei früher oder später mit einem Trockenlaufen der Schmierstoffanlage zu rechnen. Daraus folgt eine Überhitzung des Motors und schlussendlich sein Totalausfall.


Welche Anzeichen gibt es um Schäden am Schmierstoffkreislauf frühzeitig zu erkennen:
- Leck (bräunliche Schmierstofffahne)
- Temperaturanstieg der Schmierstofftemperatur
- Ölfilm auf der Kabinenverglasung
- Druckabfall des Schmierstoffdrucks
- Drehzahl- und Ladedruckschwankungen durch eine Überhitzung des Motors


Handlungsweisung bei Schäden am Schmierstoffkreislauf:
- Schonleistung bei ~0,8 ata und 1500 U/min mit hohem Propellereinstelwinkel (etwa 8:30 Uhr)
- Kühlerklappen schließen und bei Bedarf wieder leicht anpassen Schäden


Schäden am Kraftstoffsystem (Achtung Brandgefahr!)


Schäden am Kraftstoffsystem können in Form von Beschädigungen an Leitungen und des Vorratsbehälters auftreten. Je nach Schadensbild ist hierbei früher oder später mit dem Verlust des gesamten Kraftstoffvorrates zu rechnen.


Welche Anzeichen gibt es um Schäden am Kraftstoffsystem frühzeitig zu erkennen:
- Leck (gelblich-grüne Kraftstofffahne)
- Kraftstoffvorrat sinkt erheblich


Handlungsweisung bei Schäden am Kraftstoffsystem:
- Höhe und Strecke im effizienten Steigflug mit erhöhter Dauerleistung bis zum Triebwerksausfall erfliegen


Sauerstoffsystem


Ein wichtiges System, welches besonders erwähnt werden muss, ist die Sauerstoffanlage.
Fällt diese aus kann es zu gravierenden Problemen für die Besatzung kommen.

Bei einem solchen Ausfall ist vor allem auf die Sauerstoffvorratsanzeige zu achten. Sinkt der Fülldruck unter 20 atü muss der Flug unterhalb von 4000m fortgesetzt werden (siehe "Instrumentenkunde" aus dem Block "Flugzeugkunde").
Durch den hierbei vorherrschenden Mangel an hochkonzentriertem Sauerstoff ist die Belastungsfähigkeit des Piloten und ggf. der Besatzung eingeschränkt. Daher sollten hohe GKräfte und somit weitere Kampfhandlungen vermieden werden. Gerade in Höhen über 4000m treten "Grey Out"- und "Black Out"-Effekte hierdurch deutlich früher ein.


Strukturelle Schäden


Schäden an der Struktur des Flugzeugs sind meist nicht sichtbar und daher sehr gefährlich, da schon bei geringen Belastungen Teile abmontieren können.
Wenn ein Verdacht auf strukturelle Beschädigungen am Flugzeug besteht, sollte in jedem Fall sofort ein geeigneter Landeplatz mit gemäßigter Drehzahl (~ 2000 U/min oder weniger) angeflogen werden. Hierbei sind hohe Geschwindigkeiten und Manöver mit hohen Belastungen unbedingt zu vermeiden.


Beschädigungen der Außenhaut


Schäden an der Außenhaut des Flugzeugs erzeugen in erster Linie einen erhöhten Luftwiderstand, der beim Flug und vor allem beim Segelflug beachtet werden muss.
Außerdem sind strukturelle Schäden meist nicht auszuschließen.

Besonderes Augenmerk ist auf solche Schäden an den Trag- und Steuerflächen zu legen.
Beschädigungen der Tragflächen erhöhen nicht nur den Luftwiderstand, sondern mindern dabei auch den erzeugten Auftrieb.
Bei den Steuerflächen wiederum verringert sich vor allem der Anpressdruck an die Strömungsluft und somit ihre Wirkung.


Technische Schäden an Steuerflächen


Gerade durch Beschuss können Steuerflächen blockiert, deren Steuerseile und Steuerketten durchtrennt, oder gar abmontiert werden. Insbesondere am Höhenruder kann dies bedingt über die Trimmung ausgeglichen werden.
Bei solchen gravierenden Schäden muss der Flugzeugführer selbstständig entscheiden inwiefern er das Flugzeug noch als flugtauglich einschätzt und im schlimmsten Falle das Flugzeug mit dem Fallschirm verlassen.


Verhalten im Brandfall


Im Falle eines Feuers an Bord ist das Flugzeug schnellst möglich zu verlassen (siehe "Fallschirmabsprung"). Gerade wenn Kraftstoff Feuer fängt ist dies sehr gefährlich, da direkt neben dem Kraftstofftank, welcher hinter und unter der Flugzeugführerkabine verbaut ist, der Sauerstoffvorrat untergebracht ist und es zur Explosion kommen kann.


Segelflug


Wenn das Triebwerk ausfällt sollte als erste Möglichkeit immer der Segelflug in Betracht gezogen werden, bevor das Flugzeug verlassen werden muss.
Im Segelflug ist der Luftwiderstand der größte Faktor der die Reichweite beschränken kann. Daher sollte dieser mit allen Mittel so gering wie möglich gehalten werden.

Ein erstes Augenmerk ist auf die technischen Möglichkeiten zu legen diesen zu verringern. Hier haben wir zum Beispiel: Den Einstellwinkel der Luftschraube und die Bremswirkung des Motors wenn dieser mitdreht, Kühlerklappen des Kühlmittel- und Schmierstoffkreislaufes, Steuerflächen- und Landeklappenstellung und die Trimmung des Höhenleitwerks.

Als zweiter wichtiger Faktor ist der geometrische Widerstand der Fluglage zu betrachten. Hierbei entsteht bei stehendem Motor, durch den Einstellwinkel des Seitenleitwerks, ein Schieben nach rechts. Dieses muss unbedingt ausgeglichen werden. Desweiteren ist der allgemeine geometrische Widerstand, bedingt durch den Anstellwinkel, zu beachten. Je geringer der Anstellwinkel, desto geringer dieser Widerstand.
Der geringstmögliche Anstellwinkel der Bf 109 E liegt bei etwa 510 Km/h an, jedoch steht die mögliche Reichweite, rein unter Ausnutzung der Gravitation, in keinem Verhältnis.
Die optimale Segelgeschwindigkeit ist, wie beim Steigflug, vor allem mit der Zuladung zu berechnen. Hierbei stellt sich heraus, dass Steig- und Segelgeschwindigkeit recht nah bei einander liegen. Als Daumenregel kann man hier für die meisten Flugzeugtypen folgendes anwenden: Effiziente Segelfluggeschwindigkeit = 90% - 95% der effizienten Steigfluggeschwindigkeit. Um diese Berechnung zu umgehen legen wir für uns, wie beim Steigflug, einen immer geltenden Wert von 260 Km/h fest. Unter optimalen Bedingungen sollte unsere Reichweite nun mindestens ein 1/10 Verhältnis aufweisen, das bedeutet:
Je 1000 m Höhe (ü.G.) können wir 10 Kilometer weit segeln.

Jegliche Beschädigungen der Luftschraube, der Außenhaut oder der Steuerflächen erhöhen natürlich den Luftwiderstand und verkürzen die Reichweite des Segelflugs!


Vorbereitungen zum Segelflug
Bei einem Triebwerksausfall sind vor allem die elektrischen und hydraulischen Systeme zuerst für den Segelflug vorzubereiten, bevor diese, bedingt durch den Triebwerksausfall, ebenso ausfallen werden. In der Bf 109 E haben wir nur das Verstellgetriebe der Luftschraube, welches mit der der Stellung 3:00 Uhr möglichst widerstandarm eingestellt wird. Danach sollte das Flugzeug in eine günstige Ausgangslage gebracht werden. Hierbei ist die Segelflugrichtung grob einzunehmen und die Geschwindigkeit bei 260 km/h anzusetzen. Im Anschluss ist das Triebwerk endgültig abzuschalten. Daraufhin werden alle Kühlerklappen vollständig geschlossen und die Trimmung auf etwa -2°/-3° eingestellt.
Sind all diese Einstellungen erledigt ist die Fluglage zu halten, Kursänderungen und Schieben sollte unbedingt vermieden werden.
Es folgt im Segelflug noch einmal eine ausführliche Schadenskontrolle.


Handlungsweisung für den Segelflug:
- Luftschraube auf 3:00 Uhr, Manuell
- Wasser- und Ölkühler voll schließen
- Trimmung -2°/-3°
- 260 km/h halten


Landung


Die Landung mit einem beschädigten Flugzeug ist meist der kritischste Moment, denn gerade mit einem Triebwerksausfall oder massivem Leistungsabfall bleibt nur ein Anflug um diese durchzuführen. Wir unterteilen diesen Abschnitt in: "Glatte Landung (mit Fahrwerk)" und "Bauchlandung (ohne Fahrwerk)".
Zuvor sei noch gesagt: Beim Anflug auf einen Flugplatz ist immer mit "Havanna-Meldung" und dreimal rotem Leuchtsignal anzufliegen. In diesem Fall wird der restliche Verkehr am Flugplatz angehalten oder abgebrochen.


Glatte Landung (mit Fahrwerk)
Bei einem normalen Landeanflug ist auf die Schäden am Flugzeug zu achten. Vor allem Schäden an Tragflächen, Steuerflächen und den Landeklappen verändern gerade im Langsamflug die Flugeigenschaften. Desweiteren kann im Falle eines Leistungsverlusts oder gar eines Triebwerksausfalls kein Anflug mit Schleppgas durchgeführt werden, daher sollte immer eine etwas höhere Geschwindigkeit sowie ein möglichst kurzer Anflugweg gewählt werden.


Bauchlandung (ohne Fahrwerk)
Gerade bei strukturellen Schäden im Bereich des Rumpfs und der Flügelwurzeln, sowie Beschädigungen der Landeklappen und des Fahrwerks, sollte geländeabhängig die Bauchlandung gewählt werden. Dabei sollten die Landeklappen eingefahren sein und bei einer Geschwindigkeit zwischen 200-250 Km/h aufgesetzt werden.
Um das Überschlagen des Flugzeugs zu vermeiden sollte mit einem Anstellwinkel von ungefähr 13° das Heck zuerst Bodenberührung bekommen. Vor dem Aufsetzen ist jedoch das Triebwerk komplett abzuschalten.

Bei einem Kraftstoffleck darf auf Grund der Explosionsgefahr keine Bauchlandung durchgeführt werden!


Notwasserung
Notwasserungen sind in jedem Falle zu vermeiden, da mit ausgesprochen hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Ertrinken zu rechnen ist.


Einschätzung geeigneter Notlandeplatze


Falls man sein Flugzeug irgendwo ungeplant 'runterbringen muss' sollte man sich über die unterschiedlichen Geländearten sowie ihre Eignung für eine Landung im klaren sein.


Gut geeignetes Gelände

Als gut geeignetes Gelände sind vor allem flache und befestigte Flächen anzusehen,
ein paar Beispiele für flaches und festes Gelände sind:

Flugplätze
Strassen
Eisflächen



Mäßig geeignetes Gelände

Etwas schlechter sind einfache Freiflächen wie diese geeignet:

Felder
Wiesen und Lichtungen
Schnee



Ungeeignetes Gelände

Als gänzlich ungeeignet ist generell durchschnittenes Gelände zu betrachten.
Nur mit viel Geschick und etwas Glück wird einem erfahren Flugzeugführer hier eine Notlandung gelingen.
Beispiele hierfür sind:

Wälder
Felsen und steiles Gelände





Fallschirmabsprung


Wenn eine sichere Notlandung nicht mehr gewährleistet werden kann, oder das Flugzeug als fluguntauglich deklariert werden muss, ist die letzte Möglichkeit das eigene Leben zu retten, das Verlassen mit dem Fallschirm.


Um einen sicheren Absprung zu gewährleisten sind einige Parameter zu beachten:
- Die Geschwindigkeit sollte weniger als 300 km/h betragen.
- Die Höhe sollte nach Möglichkeit 1000 Meter, aber mindesten 300 m ü. G. betragen.
- Die Fluglage sollte dem Reiseflug, einem leichtem Steigflug oder der Rückenlage entsprechen.

Über Wasser sollte man mit dem Fallschirm nicht aussteigen, da mit ausgesprochen hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Ertrinken zu rechnen ist.